Produktbeschreibung
Hirbel ist anders als andere, denn bei seiner Geburt ist etwas falsch gemacht
worden. Er ist krank, hat oft Kopfschmerzen und auch Bauchweh von den Tabletten,
die er dauernd nehmen muss. Manchmal schreit er dann und tut Dinge, worüber
die anderen lachen. Hirbels Mutter hat ihn weggegeben, seither wandert
er zwischen Pflegeeltern und Heimen hin und her. Trotzdem ist Hirbel kein
trauriges Kind. Mit den Psychologinnen spielt er ihre Spiele, die Tests,
die er alle schon kennt. Er hat eine wunderbare Singstimme, und das Singen
bereitet ihm Freude, solange er sich dabei nach seinen eigenen Regeln richten
darf. Und Hirbel kann Haken schlagen wie ein Hase, wenn man ihn einfangen
will. Als er einmal wegläuft aus dem Heim, schläft er zwischen Schafen,
aber er denkt, dass es lauter Löwen sind, die ihn nachts wärmen. Immer
wieder läuft Hirbel fort, weil ihn niemand richtig versteht und weil er
in ein anderes Land möchte. Dorthin, wo die Sonne gemacht wird auf den
Bäumen.
Kritik
"Härtling stellt ganz sachlich und genau fest, wie Kinder leben müssen, die man vergisst, weil die Heime sie uns abnehmen." Südwestfunk "Man müsste dieses Buch zur Pflichtlektüre machen und es über Eltern und Grundschullehrer an die Acht- und Zehnjährigen im Land verteilen. Wie hier ohne falsches Mitleid und Rührseligkeit um ein Verständnis geworben wird, das ist beispielhaft." Stuttgarter Nachrichten
Leseprobe
Der Hirbel ist der schlimmste von allen, sagten die Kinder im
Heim. Das war nicht wahr. Doch die Kinder verstanden den Hirbel
nicht. Sie hielten sich ohnehin nie lange auf in dem Heim, einem
Haus am Rande der Stadt, in das Kinder gebracht wurden, die herumstreunten,
Kinder, mit denen ihre Eltern nicht mehr zurechtkamen, die von
ihren Müttern verstoßen wurde, die bei Pflegeeltern
waren und nicht - guttaten - es war ein Durchgangsheim. von dort
wurde man in andere Heime geschickt.
Den Hirbel wollte niemand, deshalb war er schon Stammgast in dem
Haus am Rande der Stadt. Er war neun Jahre alt und so groß
wie ein Sechsjähriger. Er hatte einen dicken Kopf mit dünnen
blonden Haaren, die er nie kämmte, und einen mageren Leib.
Trotzdem fürchteten alle seine Kraft. Beim Raufen siegte
er immer.
Der Hirbel hatte eine Krankheit, die niemand richtig verstand.
Als er geboren wurde, mußte der Arzt ihn mit einer Zange
aus dem Leib der Mutter holen, und er hatte ihn dabei verletzt.
Von da an hatte er Kopfschmerzen, und die Großen behaupteten,
er sei nicht bei Vernunft. Seine Mutter wollte ihn nicht haben.
Seinen Vater hatte er nie gesehen. Erst ist er bei Pflegeeltern
gewesen, die ihn, das sagte er selber, sehr gern hatten.
Autoreninfo
Peter Härtling, geboren am 13. November 1933 in Chemnitz, Gymnasium in Nürtingen bis 1952. Danach journalistische Tätigkeit; von 1955 bis 1962 Redakteur bei der "Deutschen Zeitung", von 1962 bis 1970 Mitherausgeber der Zeitschrift "Der Monat", von 1967 bis 1968 Cheflektor und danach bis Ende 1973 Geschäftsführer des S. Fischer Verlages. Seit Anfang 1974 lebt er als freier Schriftsteller in der Nähe von Frankfurt. 1992 wurde der Autor mit dem Lion-Feuchtwanger-Preis ausgezeichnet. 1995 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz, 2001 den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises.