Produktbeschreibung
»Wer hat schon einmal geträumt, ein Mörder geworden zu sein und sein gewohntes Leben nur der Form nach weiterzuführen? ... Auf einmal gehörte er nicht mehr dazu ... Es war etwas passiert, das er nicht mehr rückgängig machen konnte ...« Der Traum dieser einen Nacht ist der plötzlich einsetzende Impuls, der Gregor Keuschnig unwiderruflich hinauskatapultiert aus einer Wirklichkeit, in der alle Menschen und Erscheinungen »auswendig gelernt hatten, wie man Leben vortäuschte«.
Zusammenfassung
»Wer hat schon einmal geträumt, ein Mörder geworden
zu sein und sein gewohntes Leben nur der Form nach weiterzuführen?...
Auf einmal gehörte er nicht mehr dazu... Es war etwas passiert,
das er nicht mehr rückgängig machen konnte... «
Der Traum dieser einen Nacht ist der plötzlich einsetzende
Impuls, der Gregor Keuschnig unwiderruflich hinauskatapultiert
aus einer Wirklichkeit, in der alle Menschen und Erscheinungen
-auswendig gelernt hatten, wie man Leben vortäuschte-.
Es ist die Manifestation eines Unbehagens, das ihn zwingt,
sich abzusetzen gegenüber einer Umgebung, in der alle eine
»ungebrochene Äußerlichkeit« zur Schau tragen
und mit »geborgten Lebensgefühlen« agieren.
Obwohl Keuschnig alles Altbekannte mit Ekel und Überdruß
abgetan hat, nimmt er angesichts der unabsehbar drohenden Vereinzelung
seine gewohnten Kontakte auf: er geht durch die Straßen
der Stadt, hält sich in seinem Büro auf, nähert
sich bekannten und unbekannten Frauen, sucht unbeteiligt und fast
beschämt seine Freundin Beatrice auf, sieht mit Erleichterung
und Bedauern zu, wie seine Frau ihn verläßt. Auf dem
Höhepunkt seiner Vereinzelung bedeutet für Keuschnig
die Erkenntnis des »für sich seins« der anderen
die »Stunde der wahren Empfindung«.
Leseprobe
1
Wer hat schon einmal geträumt, ein Mörder geworden zu
sein und sein gewohntes Leben nur der Form nach weiterzuführen?
Damals, zu der Zeit, die noch andauert, lebte Gregor Keuschnig
seit einigen Monaten als Pressereferent der österreichischen
Botschaft in Paris. Er bewohnte mit seiner Frau und der vierjährigen
Tochter Agnes ein dunkles Appartement im sechzehnten Arrondissement.
Das Haus, ein französisches Bürgerhaus aus der Jahrhundertwende,
mit einem steinernen Balkon an der zweiten und einem gußeisernen
an der fünften Etage, stand neben ähnlichen Gebäuden
an einem ruhigen Boulevard, der ein wenig abschüssig zur
Porte d'Auteuil hinunter verlief, die eine der westlichen Stadtausfahrten
bildet. Nur alle fünf Minuten etwa klirrten untertags die
Gläser und Teller im Eßzimmerschrank, wenn in der Senke
neben dem Boulevard der Zug vorbeifuhr, der Reisende von der Peripherie
zur Gare St. Lazare in die Mitte der Stadt brachte, wo sie zum
Beispiel in die Züge nach Nordwesten, an den atlantischen
Ozean, nach Deauville oder Le Havre, umsteigen konnten. (Manche
der oft schon etwas älteren Bewohner dieses Quartiers, in
dem vor hundert Jahren noch Weinberge gestanden hatten, fuhren
auf diese Weise an den Wochenenden mit ihren Hunden ans Meer.)
In der Nacht aber, wenn nach neun Uhr abends keine Züge
Autoreninfo
Peter Handke wurde 1942 in Griffen/Kärnten geboren. Nach seiner Kindheit, die er im Berliner Ostsektor und in Griffen verlebte, studierte er in Graz Jura. 1965 brach er nach der Veröffentlichung seines ersten Romans sein Studium ab und arbeitet seither als freiberuflicher Schriftsteller. Er lebte zunächst in Graz, dann in Düsseldorf und Berlin, Paris, Kronberg im Taunus, in den USA und ab 1979 längere Zeit in Salzburg. Zur Zeit wohnt er in Chaville in Frankreich. 1973 wurde Peter Handke mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet.