Produktbeschreibung
Dieser in unmittelbarer Nachfolge von Gottfried Kellers Der grüne Heinrich stehende »Erziehungsroman« hat mit seinen erfrischenden, allem Pathetischen abholden Naturschilderungen bis heute nichts an Charme und Farbe verloren.
Zusammenfassung
Hesses erste, 1902/03 in Calw und Basel geschriebene und im Januar
1904 bei S. Fischer erschienene Erzählung Peter Camenzind
machte ihren Autor mit einem Schlag berühmt. Dieser in
unmittelbarer Nachfolge von Gottfried Kellers Der grüne
Heinrich stehende » Erziehungsroman« hat mit seinen
erfrischenden, allem Pathetischen abholden Naturschilderungen
bis heute nichts an Charme und Farbe verloren und bestätigt
die Tagebuchnotiz des jungen Oskar Loerke: »Ein sehr gutes
Buch. Ich glaube, es gehört zu denen, die lange und verstohlen
mitklingen.« Zu den ersten Rezensenten des Buches zählten
Walther Rathenau und Stefan Zweig. »Ich liebe diese tiefe
und mit so wunderbarer Kunst erzählte Geschichte um ihrer
Menschlichkeit willen. Es stehen Dinge darin, die ich selbst in
meiner Knabenzeit empfunden hatte und wieder verloren... Und dann
die zwei Liebesszenen: die stehen nun wie eigene Geschehnisse
in meinem Leben.« Stefan Zweig
Leseprobe
Im Anfang war der Mythus. Wie der große Gott in den Seelen
der Inder, Griechen und Germanen dichtete und nach Ausdruck rang,
so dichtet er in jedes Kindes Seele täglich wieder. Wie der
See und die Berge und die Bäche meiner Heimat hießen,
wußte ich noch nicht. Aber ich sah die blaugrüne glatte
Seebreite, mit kleinen Lichtern durchwirkt, in der Sonne liegen
und im dichten Kranz um sie die jähen Berge, und in ihren
höchsten Ritzen die blanken Schneescharten und kleinen, winzigen
Wasserfälle, und an ihrem Fuß die schrägen, lichten
Matten, mit Obstbäumen, Hütten und grauen Alpkühen
besetzt. Und da meine arme, kleine Seele so leer und still und
wartend lag, schrieben die Geister des Sees und der Berge ihre
schönen kühnen Taten auf sie. Die starren Wände
und Flühen sprachen trotzig und ehrfürchtig von Zeiten,
deren Söhne sie sind und deren Wundmale sie tragen. Sie sprachen
von damals, da die Erde barst und sich bog und aus ihrem gequälten
Leibe in stöhnender Werdenot Gipfel und Grate hervortrieb.
Felsberge drängten sich brüllend und krachend empor,
bis sie ziellos vergipfelnd knickten, Zwillingsberge rangen in
verzweifelter Not um Raum, bis einer siegte und stieg und den
Bruder beiseite warf und zerbrach. Noch immer hingen von jenen
Zeiten her da und dort hoch in den Schlüften abgebrochene
Gipfel, weggedrängte und gespaltene Felsen, und in jeder
Schneeschmelze führte der Wassersturz hausgroße Blöcke
nieder, zersplitterte sie wie Glas oder rammte sie mit mächtigem
Schlage tief in weiche Matten ein. ...
Autoreninfo
Hesse, HermannHermann Hesse, geboren am 2.7.1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltendeutschen Missionars und der Tochter eines württembergischen Indologen, starb am 9.8.1962 in Montagnola bei Lugano.Er wurde 1946 mit dem Nobelpreis für Literatur, 1955 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Nach einer Buchhändlerlehre war er seit 1904 freier Schriftsteller, zunächst in Gaienhofen am Bodensee, später im Tessin.Er ist einer der bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.