Produktbeschreibung
Kyota Uozu steigt mit seinem Freund und Bergpartner aus der Studentenzeit
Otohiko Kosaka auf den Berg Hodaka. Zehn Meter vor der Spitze reißt das
Nylonseil, das die beiden verbindet, im Schneesturm auseinander und Kosaka
stürzt ab. Direkt nach dem Unfall spekulieren Journalisten über mögliche
Todesursachen: ob die Qualität des Nylonseils mangelhaft war, die beiden
das Seil falsch benutzt haben, Uozu das Seil abgeschnitten hat, um sich
selbst zu retten, oder ob es Kosaka war, der sich aus unglücklicher Liebe
zu einer verheirateten Frau selbst getötet hat. Uozu wird gezwungen, die
schlechte Qualität des Seils unter Beweis zu stellen, um seine eigene Ehre
und Unschuld sowie die seines Freundes zu verteidigen. Da er bei der Tochterfirma
des Nylonseilherstellers arbeitet, muss er diesen Kampf mit der Unterstützung
seines Chefs Tokiwa führen. Kyonosuke Yashiro testet die Stärke des Nylonseils
und stellt fest, dass es unter verschiedenen Umständen stärker ist als
ein Hanfseil. Hierauf wird Uozu gezwungen, seine Firma zu verlasen. Er
verliebt sich in Minako, die Ehefrau Yashiros, doch nachdem der Leichnam
von Kosaka gefunden wurde, akzeptiert er den Heiratsantrag von Kosakas
Schwester Kaoru - nicht aus Liebe, sondern aus einer Art Verantwortungsgefühl
heraus. Er beschließt, nochmals den Berg zu bezwingen, um seine Liebe für
Minako zu überwinden. Das Unternehmen endet in einem abermaligen Unglück
und seine Verlobte wartet am Fuß des Bergs vergeblich auf ihn.
Zusammenfassung
Die Gebirgspartie, nach der der Roman seinen Namen hat, ist die
steil aufragende Ostwand des Hodaka -Gebirges Sie wird zum Schicksal
zweier Freunde, die beide an dieselbe verheiratete Frau gebunden
sind. Sie gehen an der Eiswand zugrunde. Was in einer emanzipierten
Umwelt weder Verlegenheit noch Unruhe hervorrufen könnte,
bekommt innerhalb der starren, konventionellen Gesetze Japans
anderes Gewicht. Und eben darin liegt der Reiz dieses Buches,
in der noch zwischen den Zeilen charakterisierten Diskrepanz zwischen
noch akzeptierten Regeln und der diesen Regeln nicht länger
korrespondierenden Lebenswirklichkeit. »Der Autor gebraucht
seine reichhaltige Palette mit Bedacht, kraftvoll und behutsam,
mit großer Kunst, mit ausgewogenem psychologischem Feingefühl,
was alles in allem dieses Buch zu einem literarischen Kunstwerk
macht, das den Weltrang des Autors ausweist.« Südwest
Presse
Leseprobe
Uozu Kyota erwachte, kurz bevor der Zug in die Halle des Bahnhofs
Shinjuku einfuhr. Rings um ihn standen alle auf, nahmen ihr Gepäck
von den Netzen herunter und zogen sich die Mäntel an. Uozu
war, kaum daß er sich in Matsumoto auf seinen Platz gesetzt
hatte, sofort eingenickt, zwar dann und wann kurz aufgewacht,
aber im übrigen hatte er fast die ganze Zeit über geschlummert.
Als er auf seine Uhr sah, war es 37 Minuten nach 8 Uhr. Zwei
Minuten später, dachte er, würde der Zug in Shinjuku
halten. Er gähnte mit weit aufgesperrtem Mund, steckte eine
Hand in die Tasche seiner Jacke, die er über dem Sweater
trug, nahm eine Schachtel Peace-Zigaretten heraus, steckte sich
eine davon an und blickte zum Fenster. Riesige Neonlichter flammten
auf und erloschen immer wieder, der Himmel über dem Stadtteil
Shinjuku war rot entzündet. Das Gefühl von Ratlosigkeit,
das ihn jedesmal befiel, wenn er, aus den Bergen zurückgekehrt,
die Nachtlandschaft Tokios sah, ergriff ihn auch jetzt wieder.
Es war wie eine körperliche Qual, wenn er plötzlich
in den Lärm der riesigen Stadt hineingezerrt wurde, nachdem
er sich für einige Zeit in die Stille der Berge versenkt
hatte. Und das empfand er an diesem Tag besonders stark.
Kaum hielt der Wagen, da nahm er seinen Rucksack auf die linke
Schulter, setzte sich die Sportmütze ein bißchen schief
auf den Kopf und stieg mit der Zigarette im Mund auf den Bahnsteig.
Dort blieb er -Uozu war untersetzt, 5 Shaku 5 Sun groß,
hatte breite Schultern - eine Weile stehen und konnte sich nicht
recht entschließen, weiterzugehen.
"Na, geh zu! Da mitten in diese ungeheure Menschenmenge
hinein! Geh schon! Stürz dich in den Strudel, dieses wimmelnde
Gedränge!" Uozu sprach kein Wort, er murmelte das nur
in seinem Herzen. Er war nicht etwa menschenscheu und litt auch
nicht unter Anfällen von Einsamkeit, aber in dieser Weise
redete er, wenn er von den Bergen herunterkam...
Autoreninfo
Yasushi Inoue, geboren 1907 auf Hokaido starb 1991 und ist mit Recht der im deutschsprachigen Raum meistgelesene Autor aus Japan. Seine Werke wurden mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, einige seiner Romane verfilmt.