Produktbeschreibung
Kojèves Buch über Hegel gehört zu den provokativsten wie auch einflußreichsten Interpretationen der Hegelschen Philosophie im 20. Jahrhundert. Als Interpret Hegels versteht sich Kojève gleichzeitig als dessen Anhänger, überzeugt von der Wahrheit der Hegelschen Philosophie, die es in unserer Zeit zu »vergegenwärtigen« gelte.
Zusammenfassung
Mit dieser Ausgabe von Kojèves Hegel-Buch wird ein zwar
in mancher Hinsicht problematischer, aber aufgrund seiner außerordentlichen
Wirkung wichtiger Text wieder zugänglich gemacht.
Als Interpret Hegels versteht sich Kojève gleichzeitig
als dessen Anhänger, überzeugt von der Wahrheit der
Hegelschen Philosophie, die es in unserer Zeit zu »vergegenwärtigen«
gelte. Was von den einen als »historisch distanzlose«
Interpretation, von den anderen als »genialische Auslegung«
angesehen wird, ist in jedem Fall ein Werk, an dessen originellen
Denkansätzen niemand vorbeigehen kann, der sich ernsthaft
mit Hegel beschäftigt. Darüber hinaus drängt sich
Kojèves Buch als Kontrastlektüre zu Lukäcs' großer
Arbeit über den jungen Hegel auf, die ebenfalls in den suhrkamp
taschenbüchern wissenschaft erschienen ist.
Leseprobe
»Hegel erfaßt die Arbeit als das Wesen, als das
sich bewährende Wesen des Menschen.«
Karl Marx
Der Mensch ist Selbstbewußtsein. Er ist seiner selbst
bewußt, seiner menschlichen Wirklichkeit und Würde,
und darin unterscheidet er sich wesentlich vom Tier, das über
das Niveau des bloßen Selbstgefühls nicht hinauskommt.
Der Mensch wird in dem Augenblick seiner selbst bewußt,
in dem er - zum ersten Male - »ich« sagt. Den Menschen
durchs Verstehen seines Ursprungs verstehen, heißt daher
den Ursprung des durchs Wort offenbarten »Ich« verstehen.
Die Analyse des »Denkens«, der »Vernunft«,
des »Verstandes« usw. - allgemein gesprochen also des
cognitiven, kontemplativen, passiven Verhaltens eines Wesens oder
eines »Erkenntnissubjektes« - kann aber niemals zur
Entdeckung des Warum und des Wie der Entstehung des Wortes »Ich«
und damit des Selbstbewußtseins, der menschlichen Wirklichkeit
führen. Der Mensch wird in der Kontemplation von seinem Gegenstand
»absorbiert«; das »Erkenntnissubjekt« »verliert
sich« im erkannten Objekt. Der Kontemplation offenbart sich
das Objekt, nicht das Subjekt. Das Objekt, nicht das Subjekt zeigt
sich selbst in und durch den - oder richtiger noch als den Akt
der Erkenntnis. Der vom Objekt seiner Kontemplation »absorbierte«
Mensch kann nur durch eine Begierde »zu sich gebracht«
werden: z.B. durch die Begierde zu essen. Die (bewußte)
Begierde nach einem Seienden konstituiert dieses Seiende als Ich
und offenbart es als solches, indem sie es dazu bringt, »ich«
zu sagen. Die Begierde verwandelt das sich durch sich selbst in
der (wahren) Erkenntnis offenbar gewordene Seiende in ein »Objekt«,
das einem »Subjekt« durch ein vom Objekt verschiedenes,
ja ihm entgegengesetztes Subjekt offenbart wird.
Autoreninfo
Alexandre Kojève
wurde um 1900 in Moskau geboren, er starb 1968 in Paris. Nach
Studien in Deutschland und Frankreich war er seit 1933 Professor
für Philosophie in Paris.