Produktbeschreibung
Kernstück dieser Dichtung ist die "Parabel von dem Ring", dessen Besitz den Erben der wahren Religion kenntlich machen soll. Lessing will im "Nathan" zeigen, dass "nicht die Wahrheit, in deren Besitz ein Mensch ist oder zu sein vermeint, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, den Wert des Menschen macht". Im Nachwort wird der "Nathan" literaturgeschichtlich eingegliedert und auf Textgeschichte und Textgestaltung eingegangen. Auf sieben Seiten werden schwierige Wörter erklärt.
Leseprobe
ERSTER AUFZUG
ERSTER AUFTRITT
Szene: Flur in Nathans Hause
Nathan, von der Reise kommend. Daja ihm entgegen.
Daja. Er ist es! Nathan! - Gott sei ewig Dank,
Daß Ihr doch endlich einmal wiederkommt.
Nathan. Ja, Daja; Gott sei Dank! Doch warum endlich?
Hab ich denn eher wiederkommen wollen?
Und wiederkommen können? Babylon
Ist von Jerusalem, wie ich den Weg,
Seitab bald rechts, bald links, zu nehmen bin
Genötigt worden, gut zweihundert Meilen;
Und Schulden einkassieren, ist gewiß
Auch kein Geschäft, das merklich fördert, das
So von der Hand sich schlagen läßt.
Daja. O Nathan,
Wie elend, elend hättet Ihr indes
Hier werden können! Euer Haus -
Nathan. Das brannte.
So hab' ich schon vernommen. - Gebe Gott,
Daß ich nur alles schon vernommen habe!
Daja. Und wäre leicht von Grund aus abgebrannt.
Nathan. Dann, Daja, hätten wir ein neues uns
Gebaut; und ein bequemeres.
Daja. Schon wahr! -
Doch Recha wär' bei einem Haare mit
Verbrannt.
Nathan. Verbrannt? Wer? Meine Recha? sie? -
Das hab' ich nicht gehört. - Nun dann! So hätte
Ich keines Hauses mehr bedurft. - Verbrannt
Bei einem Haare! - Ha! sie ist es wohl!
Ist wirklich wohl verbrannt! - Sag' nur heraus!
Heraus nur ! - Töte mich: und martre mich
Nicht länger. - Ja, sie ist verbrannt.
Autoreninfo
Gotthold Ephraim Lessing, geboren 1729 in Kamenz in der Lausitz, war der bedeutendster Kritiker, Sichter und Philosoph der deutschen Aufklärung. Er starb 1781 in Braunschweig.