Produktbeschreibung
Der vorliegende Band enthält die Arbeiten Niklas Luhmanns, die sich mit sozialen Bewegungen beschäftigen. In seiner Einleitung macht Kai-Uwe Hellmann deutlich, inwiefern soziale Bewegungen einen interessanten Testfall für den Universalitätsanspruch der Systemtheorie darstellt.
Sozialen Bewegungen kommt die Funktion zu, mit ihrem Protest auf bestimmte Folgeprobleme funktionaler Differenzierung aufmerksam zu machen. Sie leisten außedem eine Selbstbeschreibung moderner Gesellschaft, wie sie innerhalb des Schemas funktionaler Differenzierung sonst nicht vorgesehen ist. Die »protestierende Reflexion ... greift Themen auf, die keines der Funktionssysteme, weder die Politik noch die Wirtschaft, weder die Religion noch das Erziehungswesen, weder die Wissenschaft noch das Recht als eigene erkennen würden. Sie stellt sich quer zu dem, was aufgrund eines Primates funktionaler Differenzierung innerhalb der Funktionssysteme an Selbstbeschreibung anfällt.« Von besonderer Bedeutung ist dabei die Risikothematik, da das Risikopotential in der modernen Gesellschaft so weit zugenommen hat, daß immer mehr Entscheidungen anfallen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit von Schäden beinhalten. Insofern spielen gerade die neuen sozialen Bewegungen »Betroffenheit gegen Entscheidung« aus.
Vor diesem Hintergrund kommt sozialen Bewegungen eine für moderne Gesellschaft geradezu einzigartige Funktion zu, die innerhalb der modernen Gesellschaft kein funktionales Äquivalent kennt, ohne daß soziale Bewegungen deshalb schon die »Deutlichkeit eines Funktionssystemarrangements« im Sinne funktionaler Differenzierung erkennen lassen.
Zusammenfassung
Der vorliegende Band enthält die Arbeiten Niklas Luhmanns,
die sich mit sozialen Bewegungen beschäftigen. In seiner
Einleitung macht Kai-Uwe Hellmann deutlich, inwiefern soziale
Bewegungen einen interessanten Testfall für den Universalitätsanspruch
der Systemtheorie darstellen.
Sozialen Bewegungen kommt die Funktion zu, mit ihrem Protest auf
bestimmte Folgeprobleme funktionaler Differenzierung aufmerksam
zu machen. Sie leisten außerdem eine Selbstbeschreibung
moderner Gesellschaft, wie sie innerhalb des Schemas funktionaler
Differenzierung sonst nicht vorgesehen ist. Die "protestierende
Reflexion ... greift Themen auf, die keines der Funktionssysteme,
weder die Politik noch die Wirtschaft, weder die Religion noch
das Erziehungswesen, weder die Wissenschaft noch das Recht als
eigene erkennen würden. Sie stellt sich quer zu dem, was
aufgrund eines Primates funktionaler Differenzierung innerhalb
der Funktionssysteme an Selbstbeschreibungen anfällt."
Von besonderer Bedeutung ist dabei die Risikothematik, da das
Risikopotential in der modernen Gesellschaft so weit zugenommen
hat, daß immer mehr Entscheidungen anfallen, die mit hoher
Wahrscheinlichkeit die Möglichkeit von Schäden beinhalten.
Insofern spielen gerade die neuen sozialen Bewegungen "Betroffenheit
gegen Entscheidung" aus.
Vor diesem Hintergrund kommt sozialen Bewegungen eine für
moderne Gesellschaft geradezu einzigartige Funktion zu, die innerhalb
der modernen Gesellschaft kein funktionales Äquivalent kennt,
ohne daß soziale Bewegungen deshalb schon die "Deutlichkeit
eines Funktionssystemarrangements" im Sinne funktionaler
Differenzierung erkennen lassen.
Leseprobe
Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen
einstellen?
1. Moral oder Theorie?
Das Thema, über das ich zu sprechen habe, ist ganz neu.
Erst seit etwa zwanzig Jahren spricht man im Tone steigender Besorgnis
und mit Aussicht auf katastrophale Entwicklungen von ökologischen
Problemen. Zur Zeit ist "Ökologie" geradezu Formel
für alle, die sich am politischen und wissenschaftlichen
Rennen beteiligen. Man denke an die vielen Themen, zum Beispiel
an Erschöpfung nicht wiederherstellbarer Ressourcen, einschließlich
landwirtschaftlich nutzbaren Bodens; an die Eliminierung zahlreicher
Arten von Lebewesen; an die mögliche Evolution medizinisch
nicht mehr bekämpfbarer Krankheitserreger; an die Überbevölkerung
der Erde; und vor allem an die Umweltverschmutzung: an die Placierung
von Materie an Stellen, wo sie nicht hingehört. Neu ist natürlich
nicht das Interesse an Natur und das Wissen um beschränkte
Möglichkeiten, mit ihr umzugehen; aber die Einsicht, daß
ein durch die Gesellschaft ausgelöster Umgang mit der Natur
auf die Gesellschaft selbst zurückwirkt und daß dies
dramatische Formen annehmen kann, hat die traditionelle Orientierung
entscheidend verändert.
Bis in die jüngste Zeit hatten zwei Momente zusammengewirkt.
Die alteuropäische Philosophie und die Soziologie hatten,
darin übereinstimmend, die Gesellschaft als einen Sachverhalt
für sich betrachtet. Sie hatten sie als Objekt besonderer
Theorien für besondere Studien ausgegrenzt. Von Umwelt war
nicht, oder kaum, die Rede. Noch heute ist zum Beispiel das, was
die Soziologie unter dem Etikett "soziale Probleme"
erforscht, auf sozial verursachte Probleme beschränkt. Die
durch Umwelt ausgelösten Probleme finden, wenn man einmal
von der sogenannten Desasterforschung absieht, keine Beachtung.
Andererseits, und das ist das zweite Moment, hatte man auch die
Natur für sich behandelt. Man streitet heute, ob dafür
christliche und stoische oder nur frühneuzeitlich-wissenschaftliche
Motive den Ausschlag gegeben haben, und man streitet ...
Autoreninfo
Niklas Luhmann ist Professor für Soziologie (em.) an der Universität Bielefeld. Zahlreiche Veröffentlichungen.