Produktbeschreibung
Unter Wasser stirbt man nicht!
Anfangs machen fast alle Aufträge an Lew Archer einen relativ
simplen Eindruck. So scheint auch diesmal Routine angesagt, abgesehen
davon, daß sich der Privatdetektiv über das Verbot,
die zentrale Person zu kontaktieren, hinwegsetzen muß.
Nach dem ersten Mord läuft dann der Fall gänzlich aus
dem Ruder.
»Ross Macdonald hat erreicht, was Chandler vorschwebte: die
Vollendung des Detektivromans. Die Menschen, von denen er berichtet,
sind vielschichtigen Charaktere, deren Lebensechtheit zuweilen
fast beängstigend ist. Die Schilderung ihrer gierigen, gewalttätigen,
resignierten, verzweifelten Versuche, sich einen möglichst
großen Fetzen vom angenehmen Leben und vom überquellenden
Reichtum der kalifornischen Gesellschaft abzuschneiden, gehört
zum Spannendsten und Erregendsten, was die zeitgenössische
Literatur zu bieten hat.« Frankfurter Allgemeine Zeitung
1975 von Stuart Rosenberg mit Paul Newman als Lew Archer verfilmt.
Kritik
¯Die intelligente Konstruktion, die Kunst der Charakterisierung und die verbale Treffsicherheit sorgen immer wieder dafür, daß man Ross Macdonald treu bleibt.® Egbert Hoehl / Die Zeit Die Zeit
Leseprobe
Wenn man nicht so genau hinsah, hätte sie für Ende Zwanzig
durchgehen können, vor allem bei der Figur. Ihre Kleidung
unterstrich diesen Eindruck noch: seidenes Maßkostüm
und hohe Absätze, die die Beine gut zur Geltung brachten.
Aber Augen und Mund waren sorgenvoll. Ihre Augen waren tiefblau
und hatten einen seltsamen Blick. Sie sahen einen direkt und prüfend
an, schauten aber zugleich über einen hinweg. Sie konnte
auf Jahre zurückblicken und hatte mehr Dinge gesehen, als
die Augen eines Mädchens je gesehen hatten. Etwa fünfunddreißig,
dachte ich, und immer noch im Rennen.
Ohne ein Wort zu sagen, stand sie in der Tür und ließ
meine Musterung über sich ergehen. Sie kaute auf der Unterlippe
herum, während sie beinahe angstvoll die schwarze Wildledertasche
umklammerte. Ich schwieg ebenfalls. Sie hatte angeklopft und auf
mein »Herein« die Tür geöffnet. Ob sie sich
nun entschieden hatte oder nicht, sie konnte von mir kaum erwarten,
daß ich sie über die Schwelle trug. Sie war eine erwachsene
Person, und bestimmt gab es einen Grund für ihr Kommen.
»Mr. Archer?« fragte sie schließlich. »Ja.
Wollen Sie nicht reinkommen?« »Danke. Entschuldigen
Sie, daß ich mich so albern benehme. Als ob Sie der Zahnarzt
wären.«
»Detektive und Zahnärzte sind gleichermaßen unbeliebt.
Ich kann sie auch nicht leiden.«
»Wirklich? Übrigens bin ich noch nie bei einem Zahnarzt
gewesen.« Sie lächelte, als ob sie das Gesagte illustrieren
wollte, und gab mir ungezwungen die Hand. Sie war fest und gebräunt.
»Auch nicht bei einem Detektiv.« ...
Autoreninfo
Ross Macdonald (1915-1983) zählt zu den besten amerikanischen Kriminalautoren des 20. Jahrhunderts. Er wird in Großbritannien und Amerika und nun auch bei uns wiederentdeckt. Seine Kriminalromane gelten als Spiegel der amerikanischen Gesellschaft. Ross Macdonald war Präsident der Mystery Writers of America. 1964 gewann er den Silver, 1965 den Gold Dagger Award.