Produktbeschreibung
Im letzten Roman um die Familie Greifenklau gleitet die Handlung vor dem Hintergrund des Deutsch-Französischen Krieges in rascher Folge nach Paris, nach Algier, nach Berlin und schließlich vor die Tore von Sedan. Die Lösung aller Rätsel der Vergangenheit steht nun greifbar nahe. Die vorliegende Erzählung spielt 1870. Bearbeitung aus dem Kolportageroman "Die Liebe des Ulanen". "Die Herren von Greifenklau" ist der letzte Teil eines vierbändigen Romans. Teil 1: "Der Weg nach Waterloo" (Band 56), Teil 2: "Das Geheimnis des Marabut" (Band 57), Teil 3: "Der Spion von Ortry" (Band 58). Der Titel ist auch als ebook erhältlich!
Leseprobe
1. ENTHÜLLUNGEN
Die seltsamen Entdeckungen der letzten Tage, die sich überstürzenden
Ereignisse in und um Ortry, der Schurkenstreich am Schienenstrang,
das abenteuerliche Wiedersehen zwischen den Trümmern des
verunglückten Zuges und nicht zuletzt die Gedanken und Gefühle
um die junge und schöne Erbin des Schlosses, in dem er unter
der Maske eines krüppelhaften Hauslehrers zu leben gezwungen
war - all das hatte in Doktor Müller den Wunsch nach einem
Stündchen Alleinsein stark werden lassen, und so hatte er
sich am Nachmittag nach dem Eisenbahnunglück auf eine einsame
Bank im Park von Ortry zurückgezogen, um über sich und
die Umwelt ins reine zu kommen.
So saß er, in tiefes Sinnen versunken.
Doch bald wurde er aufgeschreckt, denn er vernahm Schritte, die
sich von der Seite her näherten. Er blickte auf und erkannte
Deephill, den Amerikaner. Höflich erhob er sich.
"Wir sahen uns heut bereits?" fragte Deephill, indem
er den Hut zog. "Deephill."
"Ja, Monsieur. - Mein Name ist Müller, Doktor Müller.
Ich bin der Erzieher des jungen Barons. Erlauben Sie, für
einige Augenblicke bei Ihnen Platz zu nehmen?"
Müller verbeugte sich. "Es wird mir eine Ehre sein."
Und mit einer abermaligen Verbeugung, die ein kleines Lächeln
verbarg: "Sie haben - als Gast der Herrschaft - zu befehlen!"
"O nein," lachte Deephill. "Die gewöhnliche
Anschauung, daß der Erzieher gesellschaftlich unter dem
steht, der ihn angestellt hat, ist uns Amerikanern nicht geläufig."
"Amerika ist zu beneiden. Es ist ein Land, das mit den schädlichen
und lächerlichen Standesvorurteilen aufgeräumt hat."
Autoreninfo
Karl May (1842-1912) war das fünfte von 14 Kindern einer armen Weberfamilie aus Ernstthal/Sachsen. Vom Studium am Lehrerseminar wurde er zunächst ausgeschlossen, nachdem er Kerzenreste unterschlagen hatte. Später konnte er die Ausbildung fortsetzen, arbeitete nur 14 Tage in seinem Beruf, bevor er wieder des Diebstahls bezichtigt und von der Liste der Kandidaten gestrichen wurde. Wegen Diebstahls, Betrugs und Hochstapelei wurde er in den Jahren darauf immer wieder verhaftet und monatelang festgesetzt. Die Jahre zwischen 1870 und 1874 verbrachte er im Zuchthaus Waldheim. Erst viele Jahre nach dem Erscheinen des akribisch recherchierten Orientzyklus reiste Karl May tatsächlich in den Orient. Karl May war lange Zeit einer der meistgelesenen deutschen Schriftsteller. Er starb1912 in Radebeul.