Produktbeschreibung
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Zusammenfassung
Schon früh war Anais Nin von dem unbändigen Drang getrieben,
alles um sie herum zu beobachten und zu verstehen, Gesten und
Regungen anderer Menschen auch ihre eigenen wahrzunehmen, zu
ergründen und in Worte zu fassen. Konflikte, Freud und
Leid ihrer Freunde bleiben ihr nicht verborgen, bewegen sie tief.
Besonders betroffen ist sie vom harten Lebenskampf ihrer Mutter,
die sie und ihre beiden Brüder mit Näharbeiten durchzubringen
versucht. Die Familie war von Paris nach New York gezogen, nachdem
der geliebte Vater die Familie um einer anderen Frau willen im
Stich gelassen hatte.
Um die Mutter zu entlasten, sitzt Anais Malern Modell und zieht
sogar eine Heirat mit einem reichen Kubaner in Erwägung,
um endlich die Mutter von allen finanziellen Sorgen zu befreien...
Zum Schreiben bleibt Anais wenig Zeit, und doch nutzt sie jede
freie Minute, selbst während kurzer Pausen im lärmenden
Foyer eines Hotels.
Im Mittelpunkt dieses Tagebuchs steht jedoch ihre Beziehung zu
Hugo (Hugh Guiler), den sie bei einer nachbarlichen Gartenparty
kennenlernt. Er ist für sie das Idealbild eines Mannes,
empfindsam und kraftvoll, intelligent, gebildet, aktiv und doch
innerlich zerrissen. Dies führt zu Konflikten, zu ersten
Liebesschmerzen.
Anais lebt in dem ständigen Konflikt, ihre intellektuellen
Ansprüche und ihre Weiblichkeit zu vereinen, und beschreibt
mit einer unglaublichen Ehrlichkeit und Klarheit ihre Entwicklung
hin zu einer selbstverantwortlichen und doch sehr weiblichen Frau.
Leseprobe
Voltaire behauptet, Gedanken seien wie Bärte; Frauen und
junge Männer hätten keine! So, so. Ich werde einen
anderen Namen für all die seltsamen Abläufe finden müssen,
die sich fortwährend in meinem Kopf abspielen. Selbst heute,
als ich beim Fegen, Staubwischen und Aufräumen war, überfiel
mich so viel von dem, was ich Gedanken nenne, daß
ich meine ganze Kraft zusammennehmen und lange Gespräche
mit mir selbst führen mußte, um mich davon abzuhalten,
zu dir zu eilen. Und jetzt, da meine Arbeit getan ist, habe ich
Angst, daß ich den Staub und die Gedanken miteinander vermengt
und beides ans dem Fenster geschüttelt habe, denn von beidem
ist nichts mehr vorhanden. Haus und Kopf sind blitzsauber. Vielleicht
kommt es daher, daß die Tradition echte Autorenzimmer mit
Spinnweben verbunden hat (außer der Autor hatte eine Frau,
die unliterarisch war). Haushalten hat etwas Heiteres und Gefälliges
an sich, und es ist von einer herrlichen Einfachheit, sich um
Probleme wie Essen und Sauberkeit und Bequemlichkeit zu kümmern.
Ich fürchte, ich bin weit davon entfernt, ein typischer
»Blaustrumpf« zu sein, der so häufig als fehl am
Platz in einem Haus definiert und charakterisiert wird. Manchmal
entwickle ich wirklich prosaische Gelüste, die so unbedarft
sind wie die einer geborenen Haushälterin. Es macht mir
Spaß, einen Kuchen zu backen, es begeistert mich, wenn meine
Mahlzeiten am Abend verschlungen werden, ich halte es in einem
Zimmer nicht aus, das gefegt werden muß. Und doch bin ich
nicht gänzlich und hoffnungslos häuslich. Kaum habe
ich meine Pflichten beendet, schleiche ich in mein Zimmer, wo
Carlyle und Emerson auf mich warten.
Autoreninfo
Anais Nin
wurde am 21. Februar 1903 in Neuilly bei Paris geboren. Als
ihr geliebter Vater, der Musiker und Komponist Joaquin Nin seine
Frau verließ, wanderte die Familie 1913 nach Amerika aus.
1914 begann Anais Nin, Tagebuch zu schreiben, ab 1920 schrieb
sie auf Englisch.
Als Fünfzehnjährige verließ sie die Schule und
versuchte, sich als Autodidaktin weiterzubilden. 1921 lernte sie
Hugh Guiler kennen, den sie 1922 heiratete und mit dem sie sich
in Louvecienne bei Paris niederließ. 1931 begann ihre intensive
Freundschaft mit Henry Miller. Beide haben einander künstlerisch
stark beeinflußt.
Anais Nin starb 1977 in Los Angeles.