Produktbeschreibung
Wilhelm Tell" das letzte von Schiller vollendete Schauspiel, geht auf die durch Quellen belegte Tell-Sage zurück, einer Wandersage, die mit ihrem Apfelschuss-Motiv bis in die Anfänge der Literatur zurückreicht (Saxo Grammaticus). Auch in diesem Schauspiel ist Schillers grosses Anliegen die Freiheit. Im Freiheitskampf der Schweizer ist die zentrale Gestalt Wilhelm Tell, der zum Tyrannenmörder und Retter seines Volkes wird. Wie Schiller die Tat der Befreiung verstanden wissen will, legt er in seinen Widmungsversen dar, die im Nachwort abgedruckt sind. Dort wird der historische Hintergrund des Schauspiels aufgezeigt. Die Anmerkungen geben Erklärungen zu schwierigen Wörtern und Begriffen.
Leseprobe
Hohes Felsenufer des Vierwaldstättensees, Schwyz gegenüber.
Der See macht eine Bucht ins Land, eine Hütte ist unweit
dem Ufer, Fischerknabe fährt sich in einem Kahn. Über
den See hinweg sieht man die grünen Matten, Dörfer und
Höfe von Schwyz im hellen Sonnenschein liegen. Zur Linken
des Zuschauers zeigen sich die Spitzen des Haken, mit Wolken umgeben;
zur Rechten im fernen Hintergrund sieht man die Eisgebirge. Noch
ehe der Vorhang aufgeht, hört man den Kuhreihen und das harmonische
Geläut der Herdenglocken, welches sich auch bei eröffneter
Szene noch eine Zeitlang fortsetzt.
Fischerknabe (singt im Kahn)
(Melodie des Kuhreihens)
Es lächelt der See, er ladet zum Bade,
Der Knabe schlief ein am grünen Gestade,
Da hört er ein Klingen,
Wie Flöten so süß,
Wie Stimmen der Engel
Im Paradies.
Und wie er erwachet in seliger Lust,
Da spülen die Wasser ihm um die Brust,
Und es ruft aus den Tiefen:
Lieb Knabe, bist mein!
Ich locke den Schläfer,
Ich zieh' ihn herein.
Hirte (auf dem Berge).
(Variation des Kuhreihens.)
Ihr Matten, lebt wohl
Ihr sonnigen Weiden!
Der Senne muß scheiden,
Der Sommer ist hin.
Wir fahren zu Berg, wir kommen wieder,
Wenn der Kuckuck ruft, wenn erwachen die Lieder,
Wenn mit Blumen die Erde sich kleidet neu,
Wenn die Brünnlein fließen im lieblichen Mai.
Ihr Matten, lebt wohl,
Ihr sonnigen Weiden!
Der Senne muß scheiden,
Der Sommer ist hin.
Alpenjäger (erscheint gegenüber auf der Höhe
des Felsen).
(Zweite Variation.)
Es donnern die Höhe, es zittert der Steg,
Nicht grauet dem Schützen auf schwindlichtem Weg,
Er schreitet verwegen
Auf Feldern von Eis,
Da pranget kein Frühling,
Da grünet kein Reis.
Autoreninfo
Friedrich von Schiller (1759-1805) lebte nach seiner Flucht aus Würtemberg seit 1782 in Sachsen, wo er zum Professor der Philosophie ernannt wurde. In seinen Werken befaßt er sich immer wieder mit dem Urkonflikt, von Trieb und Geist, von Neigung und Pflicht.