Produktbeschreibung
Nach Ein Russischer Roman (detebe 22586) legt Meir Shalev
mit Esaus Kuß eine zweite packende Familiensaga vor,
die einen lebendigen Einblick in den heute schon zur Historie
gewordenen Alltag Israels in den zwanziger, fünfziger und
siebziger Jahren gibt.
»Ein furios erzähltes Riesenmärchen, eine brillante
Familiengeschichte, ein bewegender wie gleichermaßen wunderbar
unterhaltender Roman.«
Ilse Leitenberger/Die Presse, Wien
»Ein von ironischen Anspielungen und bilderreicher Sprache
funkelnder Roman, den Meir Shalev zu einem epischen Meisterwerk
entfaltet, das als nahöstliches Gegenstück zu García
Márquez' Hundert Jahre Einsamkeit gelten kann."
Ulrich Baron/Rheinischer Merkur, Bonn
»Es sind diese dramaturgische Intelligenz, diese stets wache
Ironie, die aus Shalevs Roman ein Meisterwerk machen, einen farbigen
chagallschen Bilderbogen, der von einem klaren Kopf geträumt
wird. Respekt ja, Liebe ja, aber keine Sentimentalität,
sondern aller kluger Spott der Welt.«
Matthias Matussek /Der Spiegel, Hamburg
»Ein opulenter und poetischer Roman, ein seltener literarischer
Glücksfall. Liebevoll und drastisch, phantastisch und menschlich
wahr. Von der ersten bis zur letzten Zelle ein traurig-schönes
und komisch-unterhaltsames Vergnügen.«
Barbara Dobrick /Radio Bremen
Kritik
¯Es steht ganz außer Zweifel, dass Shalev der größte lebende israelische Romancier ist. Er hätte längst den Nobelpreis verdient.® Hannes Stein / Die Welt Die Welt
Leseprobe
Herzog Anton und die Dienstmagd Soga
(Eine erfundene Geschichte über Personen, die es nie
gegeben hat)
Herzog Wilhelm von Geßler fiel im Alter von fünf Jahren
einem Jagdunfall zum Opfer. Eine Gans flatterte auf, eine Flinte
knallte im Gebüsch, das Kind fiel zu Boden, zappelte und
brüllte. Seine Schreie hallten über den Erdboden, verhedderten
sich im Schilf, prallten gegen die Pappelstämme, aber die
Hunde wußten nur Füchse und Vögel aufzustöbern
und fanden den kleinen Leichnam des Herzogs erst, als er längst
verstummt war. Der Schütze, ein ungeschlachter Rinderhirte,
der sich in das Jagdrevier eingeschlichen hatte, um einen Fasanen
zu wildern, beging noch am selben Abend vor Trauer Selbstmord
und hinterließ eine junge Witwe, einen holprigen Reuebrief
und ein ungelöstes Rätsel: Wie konnte ein Mensch sich
durch zwei Genickschüsse mit der Pistole umbringen?
Wilhelm war einer von zwei Zwillingsbrüdern, ein stämmiger
Rotschopf, der schon mit vier Jahren aufgescheuchte Schnepfen
abschoß, Falken fliegen ließ und Windhunde über
die Felder jagte. Wenige Tage vor seinem Tod hatte er sein erstes
eigenes Gewehr erhalten, ein echtes Mannlicher, wenn auch
stark verkleinert, eigens angefertigt von Elija Natan von Monastir,
dem besten Waffenschmied Europas.
Fortan beherrschte das tote Kind seine beiden lebenden Eltern.
Die trauernde Mutter erwarb für eine horrende Summe die
Pietá von Gianini und hängte sie in das Zimmer ihres
verstorbenen Sohnes. Stundenlang lag sie krumm in seinem Bettchen
eingepfercht, betrachtete wehmütig den Leichnam des Bekreuzigten
und schöpfte Kraft aus der imposanten Gestalt seiner Mutter,
die unter ...
Autoreninfo
Meir Shalev (1948-2023) wuchs im Moschaw Nahalal in der Jesreel-Ebene auf, studierte Psychologie und arbeitete viele Jahre als Journalist, Radio- und Fernsehmoderator, ehe er mit vierzig Jahren seinen ersten Roman veröffentlichte. Er wurde mit Büchern wie 'Judiths Liebe' oder 'Der Junge und die Taube' zu einem der bekanntesten und beliebtesten israelischen Romanciers und erhielt 2006 den Brenner Prize, die höchste literarische Auszeichnung in Israel.