Produktbeschreibung
Dieses Buch ist der schonungslose, atomverschlagende Lebensbericht
eines Mannes, der als Zuhälter und Gewalttäter gelebt
hat, der ein exzessiver Trinker und gefürchteter Schläger
war, ein Mann, tief gespalten in seiner Beziehung zu Frauen, voller
Haß und Selbsthaß. Das Buch wurde in einem Zuchthaus
in Marseille geschrieben. Es ist ein wichtiges Zeugnis von der
Nachtseite unserer Gesellschaft, das unsere Kenntnis vom Menschen
bestürzend erweitert. Ein Buch über Gewalt und Gegengewalt.
Es gibt höllische Szenen in diesem Buch: brutale, tödliche
Schlägereien unter den Zuhältern, die Folterung eines
Mädchens, das als Dirne abgerichtet wird, die Vergewaltigung
eines jungen Gefangenen durch die Zellenbelegschaft - so nackt,
so direkt ist das noch nie beschrieben worden, ohne Selbstmitleid,
ohne jede Beschönigung und ohne jeden Versuch der Rechtfertigung.
Leseprobe
Mit fünf Jahren, 1949
Das Gesicht des Vaters ist hart und kantig. Hänge, verschneit,
hinter dem Zugfenster. Verhüllte Bergspitzen. Mutter sitzt
still. In ihrem Gesicht ist nicht viel.
Ich bin das einzige Kind. wir sind eingeladen, bei Bekannten,
im Nachbarort. Da gibt es ein Mädchen, Monika, ebenso alt
wie ich. Sie mag ich. Andere Mädchen kann ich nicht ausstehen.
Sind betulich und riechen nach Seife und Frucht.
Vor einigen Tagen war sie mit den Eltern bei uns. Ich habe ihr
versprochen, heute werden wir einen Schneemann bauen.
Der Zug hält. Wir sind angekommen. Sie erwarten uns. Monika
ist klein, pummelig. Ihre Mutter resolut und gelbhaarig. Der Vater
dahinter, schmächtig.
Wir laufen vor den Erwachsenen her. Ich werfe sie in den Schnee.
Sie hält mich an den Beinen fest. Wir purzeln übereinander.
Ich ziehe sie an den Haaren hoch. Sie schreit. Ihre Mutter lacht.
Vor dem Haus dehnt sich eine glatte Schneefläche. Die Eltern
gehen ins Haus.
Monika rollt schon eine Schneekugel. An einem anderen Fleck, weitab,
beginne ich dasselbe. Nach einigem Hantieren sind meine Finger
klamm und rot. Meine Fäustlinge sind weg. Ach ja, ich habe
sie meiner Mutter gegeben.
»Ich hole mir meine Handschuhe«, sage ich. Sie nickt,
buddelt weiter. Vor dem Eingang stampfe ich mir den Schnee von
den Schuhen. Da kommen meine Mutter und Monikas Vater aus dem
Haus. »Wo sind meine Fäustlinge?« sage ich. Mutter
reibt meine Hände. »Im ersten Stock, im Zimmer neben
der Treppe, dein Schal liegt daneben, binde ihn um«, sagt
sie, »der Onkel und ich gehen zur Großmutter.«
Sie deutet auf ein geducktes Haus jenseits der Schneefläche.
Der Mann und sie gehen miteinander redend davon. Ich drücke
die große, schmiedeeiserne Türklinke auf und gehe zur
Treppe. Ein dicker Teppich schluckt das Geräusch meiner Schritte.
...
Autoreninfo
Heinz Sobota wird 1944 als Sohn eines Bankangestellten im burgenländischen Sauerbrunn geboren. Mit kleineren Diebstählen beginnt er seine kriminelle Karriere und wird zu einer Jugendstrafe verurteilt. Immer wieder gerät er mit der Justiz in Konflikt, versucht seinen Vater umzubringen, wird wegen Raubes verurteilt und in eine Strafanstalt eingewiesen. Im Wiener Milieu ist er als Zuhälter und Gewalttäter bekannt. Sein Roman "Der Minus-Mann" entsteht in etwa sieben Wochen, während der Haft Sobotas in einem Marseiller Gefängnis. Heinz Sobota lebt in München.