Produktbeschreibung
Andrzej Szczypiorski
Eine Messe für die Stadt Arras
Ketzerprozesse, Hexenjagden, Judenverfolgungen - eine aufrüttelnde
Studie über Massenwahn und den Zerfall einer Gesellschaft.
»Andrzej Szczypiorskis Hauptwerk.«
Marcel Reich-Ranicki
»Andrzej Szczypiorski belegt, daß der Roman keineswegs
tot ist, daß menschliche Schicksale im doppelten Sog der
Geschichte und der Zeit noch immer, und zwar auf höchstem
Niveau, in der Romanform darstellbar sind.«
Neue Zürcher
Zeitung
»Ein großartiger Roman. Dies Buch ist erstmals
1979 erschienen und hätte schon damals von uns gelesen werden
können. Wir haben es versäumt. Wir sollten vorsichtiger
sein, wenn wir uns über die besten Bücher und die wichtigsten
Autoren äußern, denn es ist allzeit wahrscheinlich,
daß wir die gar nicht kennen. Zum Beispiel den Roman Eine
Messe für die Stadt Arras von Andrzej Szczypiorski.«
Die Zeit, Hamburg
Leseprobe
An jenem Abend kam er zu mir und sagte, daß ich unsere Stadt
nicht liebe. Schon von der Schwelle aus schleuderte er mir leidenschaftliche
Anschuldigungen entgegen. Ich empfing ihn mit der Hochachtung,
wie wir sie unseren Lehrern schuldig, sind, geleitete ihn ins
Haus und wies ihm einen bequemen Platz an, in dem Glauben, eine
friedliche Umgebung und der Labetrunk, mit dem ich ihn zu bewirten
gedachte, würden seinen Zorn besänftigen. Doch er wollte
sich nicht setzen. Im flackernden Schein der Lampe sah ich sein
Gesicht: es war sehr geschwollen. Niemals zuvor hatte ich ihn
derart heftig erlebt, und ich hätte schwören mögen,
daß er krank war, obwohl das, was er hervorbrachte, vom
Vollbesitz seiner Geisteskräfte zeugte. Er beschuldigte
mich, daß ich in der vorangegangenen Nacht die Absicht gehabt
hätte, die Stadt zu verlassen, wovon er heimlich in Kenntnis
gesetzt worden sei. Anfangs verspürte ich nicht übel
Lust, diese seine Beschuldigungen zu verlachen. Aber ich kannte
ihn; da er mich aufsuchte, besaß er ganz offensichtlich
Beweise...
Am Abend zuvor hatte ich den Vorsatz gefaßt, zu David zu
reiten. Unter allen nur erdenklichen Vorsichtsmaßregeln
waren die Reisevorbereitungen getroffen worden. Vor Mitternacht
verließ ich das Haus, nachdem ich vorher einen Mann mit
einem gesattelten Pferd zum Tor des heiligen Ägidius vorausgeschickt
hatte. Ich traf ihn an der vereinbarten Stelle. Er zitterte
vor Angst und Kälte.
Autoreninfo
Andrzej Szczypiorski, geboren 1928 in Warschau, nach der Teilnahme am Aufstand dieser Stadt 1944 im KZ, 1981 interniert, Mitglied des Vorstandes des polnischen PEN-Clubs. Der Autor verstarb 2000 in Warschau.