Produktbeschreibung
Die Stadt und die Hunde ist eine kritische Durchleuchtung der peruanischen Gesellschaft, eine leidenschaftliche Prüfung ihrer Widersprüche, ihrer Heucheleien, ihrer falschen Mythen und Konfusionen.
Zusammenfassung
Schauplatz des Geschehens ist die Militärschule Leoncio
Prado in Lima, in die reiche Eltern ihre aufmüpfigen
Söhne, aber auch arme Familien ihre Kinder schicken, damit
sie die rechte Zucht erlernen. Auch unter den Schülern herrscht
Tyrannei. Recht haben die Stärkeren, die machos. Ihr Anführer
heißt Jaguar, seine Befehle müssen ausgeführt
werden, mögen sie auch Vergehen sein. Als ein Schüler
ein solches Vergehen der Schulobrigkeit verrät, wird der
Täter sofort relegiert. Den in der Schülerhierarchie
»Sklave« genannten Verräter trifft bei einer militärischen
Übung eine tödliche Kugel. Die Schule erklärt den
Tod zu einem bedauerlichen Unfall...
Der Epilog des Romans zeigt die Hauptfiguren nach ihrem Schulabschluß,
eingegliedert in ein normales Leben, jeden in der Umgebung, aus
der er stammt. Die Stadt und die Hunde ist eine kritische
Durchleuchtung der peruanischen Gesellschaft, eine leidenschaftliche
Prüfung ihrer Widersprüche, ihrer Heucheleien, ihrer
falschen Mythen und Konfusionen.
Leseprobe
»Vier«, sagte der Jaguar.
Die Gesichter entspannten sich im unsicheren Schein, den die Glühbirne
durch ihre wenigen noch sauberen Stellen im Raum verbreitete:
für die anderen war die Gefahr vorbei, nicht für Porfirio
Cava. Die Würfel lagen still, zeigten drei und eins, ihr
Weiß stach vom schmutzigen Fußboden ab.
»Vier«, wiederholte der Jaguar, »wer hat vier?«
»Ich«, flüsterte Cava, »ich hab vier.«
»Beeil dich«, drängte der Jaguar. »Du weißt:
das zweite von links.«
Cava fröstelte plötzlich. Die fensterlosen Waschräume
befanden sich jeweils am Ende der Schlafsäle und waren nur
durch eine dünne Holztür von ihnen getrennt. In den
Jahren vorher war die Winterkälte nur bis zum Schlafsaal
vorgedrungen, war durch die zerbrochenen Fensterscheiben hereingesickert;
aber dieses Jahr war sie aggressiv; fast kein Winkel der Schule
war vor dem Wind sicher. Er blies nachts sogar bis in die Waschräume,
verjagte den tagsüber angesammelten Gestank und vertrieb
die laue Wärme. Aber Cava war in der Sierra geboren und aufgewachsen,
er war an Kälte gewöhnt. Die Gänsehaut kam von
seiner Angst. »Ist jetzt Schluß? Kann ich schlafen
gehen?« fragte Boa: ein ungewöhnlich großer Körper,
eine zu laute Stimme, ein Schopf fettiger Haare, die vom zu großen
Schädel wegstanden, ein winziges Gesicht mit vor Müdigkeit
dick verquollenen Augen. Er hatte den Mund offen, von der vorstehenden
Unterlippe hing eine Tabakfaser. Der Jaguar sah ihn aufgebracht
an.
»Ich hab um eins Wachdienst«, verteidigte sich Boa.
»Ich möchte noch ein wenig schlafen.«
»Geht nur«, sagte der Jaguar. »Ich weck euch um
fünf Uhr.«
Boa und Löckchen verschwanden. An der Türschwelle stolperte
einer der beiden und fluchte.
»Sobald du zurückkommst, weckst du mich«, ordnete
der Jaguar an. »Und brauch nicht so lang. Es ist bald zwölf.«
»In Ordnung«, antwortete Cava. Sein ausdrucksloses Gesicht
wirkte müde. »Ich geh mich anziehen.«
Beide verließen den Waschraum.
Autoreninfo
Mario Vargas Llosa, geboren 1936 in Arequipa/Peru, studierte Geistes- und Rechtswissenschaften in Lima und Madrid. Bereits während seines Studiums schrieb er für verschiedene Zeitschriften und Zeitungen und veröffentlichte erste Erzählungen, ehe 1963 sein erster Roman Die Stadt und die Hunde erschien. Der peruanische Romanautor und Essayist trat stets als politischer Autor auf und war damit auch weit über die Grenzen Perus hinaus sehr erfolgreich. Zu seinen wichtigsten Werken zählen Das grüne Haus, Das Fest des Ziegenbocks, Tante Julia und der Schreibkünstler und Das böse Mädchen.
Vargas Llosa war Ehrendoktor verschiedener amerikanischer und europäischer Universitäten und hielt Gastprofessuren unter anderem in Harvard, Princeton und Oxford. 1990 bewarb er sich als Kandidat der oppositionellen Frente Democr tico (FREDEMO) bei den peruanischen Präsidentschaftswahlen und unterlag in der Stichwahl. Daraufhin zog er sich aus der aktiven Politik zurück.
Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielt er 1996 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und 2010 den Nobelpreis für Literatur. 2021 wurde er in die Acad‚mie Fran‡aise aufgenommen. Mario Vargas Llosa verstarb am 13. April 2025 im Alter von 89 Jahren in Lima/Peru.