Produktbeschreibung
Zolas Roman vom Aufstand der Grubenarbeiter in einem nordfranzösischen Kohlerevier ist ein Meisterwerk des literarischen Realismus und ein packendes Dokument sozialen Engagements. Die aufwendige Verfilmung des Romans durch Claude Berri (1993, mit Gerard Depardieu und Miou-Miou in den Hauptrollen) war einer der ganz großen Erfolge des französischen Kinos.
Leseprobe
Erster Teil
I
In sternenloser, finsterer, rabenschwarzer Nacht
schritt ein einzelner Mann durch die flache Ebene auf
der Landstraße dahin, die von Marchiennes nach
Montsou führt, zehn Kilometer lang, geradeaus durch
Rübenfelder sich hinziehend. Er vermochte selbst den
schwarzen Boden vor sich nicht zu unterscheiden und
hatte das Gefühl von dem ungeheuren, flachen Horizont
nur durch das Wehen des Märzwindes, der in breiten
Strichen dahinfuhr, eisig kalt, nachdem er meilenweite
Strecken von Sümpfen und kahlen Feldern bestrichen
hatte. Kein Baumschatten hob sich vom Nachthimmel
ab; die Straße zog sich mit der Regelmäßigkeit eines
Dammes durch die stockfinstere Nacht dahin, in der das
Auge wie geblendet war.
Der Mann war gegen zwei Uhr von Marchiennes aufgebrochen. Er machte lange Schritte, denn er fröstelte in
seiner Jacke von dünnem Wollzeug und in seiner Hose
aus Samtstoff. Sein kleines Päckchen, in ein kariertes
Taschentuch gewickelt, belästigte ihn; er drückte es bald
mit dem einen, bald mit dem andern Ellbogen an sich,
um beide Hände zugleich in die Taschen stecken zu können, seine erstarrten Hände, die der eisige Ostwind wund
geblasen hatte. Ein einziger Gedanke beschäftigte den
leeren Kopf des arbeits- und obdachlosen Arbeiters: die
Hoffnung, daß nach Sonnenaufgang die Kälte weniger
empfindlich sein würde. Er mochte eine Stunde so dahingeschritten sein, als er zur Linken, zwei Kilometer von
Montsou, rote Feuer wahrnahm, drei Gluthaufen im freien Felde, die in der Luft zu schweben schienen. Zuerst
zögerte er, von Furcht ergriffen; dann konnte er dem
schmerzlichen Bedürfnis nicht widerstehen, einen
Augenblick seine Hände zu wärmen.
Autoreninfo
Emile Zola (1840 - 1902) war Dockarbeiter, Verlagsangestellter und Journalist. 1898 protestierte er gegen die Verurteilung von A. Dreyfus, mußte ins Exil nach England und kehrte nach einem Jahr amnestiert und gefeiert zurück. Sein Hauptwerk ist der 20bändige Romanzyklus "Les Rougon-Macquart".