Produktbeschreibung
Kurt Wallander ist Anfang zwanzig, Polizeianwärter in Malmö und bis über
beide Ohren in Mona verliebt. Als er seinen Wohnungsnachbarn erschossen
in der Küche findet, den Revolver noch in der Hand, glaubt er nicht an
Selbstmord, umso mehr, als die Wohnung des Toten in Flammen aufgeht und
man wenig später auf eine weitere Leiche stößt. Am Ende dieser Ermittlung
hat Wallander eine Menge Fehler gemacht und leichtsinnig sein Leben riskiert,
doch sein außerordentliches kriminalistisches Talent gilt als erwiesen...
Von Wallanders erstem Fall bis zu einem ausgewachsenen Kriminalroman, "Die
Pyramide", reicht das Spektrum der vorliegenden Erzählungen, die alle vor
1990, dem Beginn der eigentlichen Wallander-Serie, spielen.
Zusammenfassung
Eine Piper Cherokee stürzt mit gewaltiger Kraft zu Boden und gerät in Brand. Der Pilot und seine Passagiere kommen ums Leben. Kurt Wallander bei der Polizei in Ystad stellt bald fest, dass kein Sportflugzeug vermisst wird und dass es ohne Genehmigung geflogen ist. Während der Ermittlungen kommt in der Nacht ein Alarm. Ein Brand ist in der Kurzwarenhandlung der Schwestern Eberhardsson ausgebrochen. Das Haus steht schon in Flammen. Die Ermittlung der verbrannten Körper der Schwestern hat eine furchtbare Entdeckung zur Folge: Die beiden Schädel haben Schusslöcher im Genick.
Dieser Roman geht einen Schritt zurück. Die erste der fünf Erzählungen spielt im Jahre 1969 als Wallander ein einundzwanzigjähriger, patrouillierender Polizist ist, und die abschließende Titelerzählung spielt 1989. Das Buch enthält einige der wichtigsten Schlüssel zum Verständnis der Person Wallanders. Mit dieser Sammlung von Erzählungen ist die Reihe von Büchern über den Kriminalkommissar aus Ystad abgeschlossen.
Kritik
"Und so läßt sich auch dieser Erzählband mit mehreren Fällen, der die Vita des Top-Ermittlers umreißt, verschlingen. Wallander, der Melancholiker, der Mutige, der Mürrische. Sie ist schön, die neunte Nacht mit dem guten alten Kurt." Frankfurter Rundschau, 08.06.02 "Gute Lektüre, ein Must für Fans." Facts, 16.05.02 "Es soll Wallander-Fans geben, die heut' früh, noch bevor sie für die frischen Brötchen zum Bäcker gehen, sich den neuen Mankell beim Buchhändler besorgen. Recht so. Der Umweg lohnt sich." Alexandra Glanz, Hannoversche Allgemeine, 18.5.02 "Der Schwede wägt meist sehr sicher die Mischung aus Horror, Entsetzen, moralisch klarem Standpunkt, Hilflosigkeit und der Tapferkeit des Trotzdem-Weitermachens aus. ... Vorweg sei versichert, daß nicht nur Wallander-Kenner ihren Spaß an diesen Erzählungen habe werden, sondern auch Einsteiger." Simone Dattenberger, Münchner Merkur, 18./19.5.02 "Henning Mankell ist einer der wenigen Autoren, die es schaffen, kurze Krimis genauso spannend zu gestalten wie einen ausgewachsenen Roman. Deshalb ist dieses Buch für alle Fans von spannender und unterhaltsamer Literatur ein absolutes Muss!" Cosmopolitan, 12.06.02 "Gute Unterhaltung mit typischer Würze: Gesellschaftskritik und politische Anklage, Zukunftsangst und nordischer Weltschmerz." TZ-München, 13.05.02 "Rache, Eifersucht und Habgier, es sind die ewig gleichen Triebe, die zu Kapitalverbrechen führen. All diese Geschichten hängen zusammen. Die hauchdünnen Fäden und winzigen Details, die sie über die Jahre verbinden, sind kaum sichtbar, aber mit großer Virtuosität gesponnen." Ingeborg Sperl, Der Standard, 25.05.02
Leseprobe
Wallander kehrte ins Zimmer zurück und stellte sich ans Fenster, um den Raum aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Sein Blick blieb am Bett hängen. Hålén war angekleidet gewesen, als er sich das Leben nahm. Aber das Bett war ungemacht, obwohl im übrigen pedantische Ordnung herrschte. Warum hat er sein Bett nicht gemacht, dachte Wallander. Es kann doch wohl nicht so gewesen sein, daß er angezogen geschlafen hat, erwacht ist, sich erschossen hat - und das alles, ohne vorher noch sein Bett zu machen. Und warum liegt ein ausgefüllter Tipschein auf dem Küchentisch?
Es paßte alles nicht zusammen. Aber es mußte anderseits auch nichts bedeuten. Hålén konnte sich ganz plötzlich entschlossen haben, seinem Leben ein Ende zu setzen. Er hatte vielleicht die Sinnlosigkeit darin erkannt, ein letztes Mal sein Bett zu machen.
Wallander setzte sich in den einzigen Sessel im Zimmer. Er war durchgesessen und abgewetzt. Ich bilde mir etwas ein, dachte er wieder. Der Gerichtsmediziner wird feststellen, daß es Selbstmord war. Die technische Untersuchung wird bestätigen, daß die Waffe und die Kugel zusammengehören und daß der Schuß von Håléns eigener Hand abgegeben worden ist.
Wallander beschloß, die Wohnung zu verlassen. Er mußte sich waschen und umziehen, bevor er losging, um Mona zu treffen, aber etwas hielt ihn noch zurück. Er ging zur Kredenz und begann die Schubladen zu öffnen. Sofort fand er die beiden Seemannsbücher. Artur Hålén war in seiner Jugend ein flotter Mann gewesen. Helle Haare, ein offenes und breites Lächeln. Es fiel Wallander nicht leicht, sich vorzustellen, daß das Bild denselben Mann darstellte, der stumm und zurückgezogen seine letzten Tage in Rosengård verbracht hatte. Noch weniger vorstellbar war es, daß das Bild einen Mann zeigte, der sich eines Tages das Leben nehmen würde. Aber Wallander wußte, wie falsch er dachte. Selbstmörder ließen sich nicht nach starren Schablonen beurteilen.
Er fand den farbenfrohen Käfer und nahm ihn mit ans Fenster. Auf der Unterseite der Schachtel glaubte er zu erkennen, daß dort Brasil gedruckt stand. Ein Souvenir, das Hålén auf irgendeiner seiner Fahrten gekauft haben mußte. Wallander ging die Schubläden weiter durch. Schlüssel, Münzen aus verschiedenen Ländern - nichts, was seine Aufmerksamkeit gefangennahm. Halb unter dem schäbigen und brüchigen Regalpapier, mit dem die unterste Schublade ausgelegt war, steckte ein brauner Umschlag. Wallander öffnete ihn; er enthielt eine alte Fotografie. Ein Hochzeitspaar. Auf der Rückseite der Name eines Fotoateliers und ein Datum: 15. Mai 1894. Das Atelier war in Härnösand. Außerdem stand dort: Manda und ich am Tag unserer Hochzeit. Die Eltern, dachte Wallander. Vier Jahre später wird der Sohn geboren.
Als er mit der Kredenz fertig war, ging er hinüber zum Bücherregal. Zu seiner Verwunderung standen dort mehrere deutsche Bücher. Sie waren abgegriffen und gründlich gelesen. Außerdem standen einige von Vilhelm Mobergs Büchern da, ein spanisches Kochbuch und ein paar Hefte einer Zeitschrift für Modellflugzeugbau. Wallander schüttelte verwundert den Kopf. Das Bild von Hålén war bedeutend komplexer, als er geahnt hatte. Er wandte sich vom Bücherregal ab und schaute unter das Bett. Nichts. Dann ging er weiter zum Kleiderschrank. Die Sachen waren ordentlich aufgehängt. Drei Paar geputzte Schuhe. Nur das ungemachte Bett, dachte Wallander wieder, das stört das Bild.
Er wollte gerade den Kleiderschrank zumachen, als es an der Tür klingelte. Wallander fuhr zusammen. Wartete. Es klingelte von neuem. Wallander hatte das Gefühl, sich auf verbotenem Gelände zu befinden. Er wartete noch einen Augenblick. Als es zum drittenmal klingelte, ging er hin und öffnete.
Autoreninfo
Henning Mankell, 1948 als Sohn eines Richters in Stockholm geboren, wuchs in Härjedalen auf. Als 17-jähriger begann er am renommierten Riks-Theater in Stockholm, das Regiehandwerk zu lernen. 1972 unternahm er seine erste Afrikareise. Sieben Jahre später erschien sein erster Roman "Das Gefangenenlager, das verschwand". In den kommenden Jahren arbeitete er als Autor, Regisseur und Intendant an verschiedenen schwedischen Theatern. 1985 wurde Henning Mankell eingeladen, beim Aufbau eines Theaters in Maputo, Mosambik, zu helfen. Er begann zwischen den Kontinenten zu pendeln und entschied sich schließlich, überwiegend in Afrika zu leben. Dort ist auch der größte Teil der Wallander-Serie entstanden. Außerdem schrieb Henning Mankell Jugendbücher, von denen mehrere auch in Deutschland ausgezeichnet wurden.