Produktbeschreibung
Als Student voller Pläne und Hoffnungen, mit
künstlerischen und gesellschaftlichen Ambitionen kommt Frédéric Moreau aus der Provinz
nach Paris. Doch schon bald wird der empfindsame Moreau von der Liebe zu Madame Arnoux
überwältigt, die seine Einbildungskraft gefangennimmt und seine Tatkraft auf Jahre hinaus lähmt.
Seiner revolutionären Begeisterung folgt die maßlose Enttäuschung über den Sieg der Reaktion
von 1848. Er sinkt zu völliger Indifferenz und
Mittelmäßigkeit ab und muß zuletzt desillusioniert auf ein gescheitertes Leben zurückblicken.
»Die Education sentimentale ist ein Buch, das mir
durch viele Jahre nahegestanden ist, wie kaum
zwei oder drei Menschen; wann und wo ich es
aufgeschlagen habe, hat es mich aufgeschreckt
und völlig hingenommen, und ich habe mich
dann immer als ein geistiges Kind dieses Schriftstellers gefühlt, wenn auch als ein armes und
unbeholfenes.« Franz Kafka
»Warum ist das Leben lebenswert? Eine gute
Frage! Ich glaube, da gibts ein paar Sachen...
Groucho Marx, zum Beispiel,... der zweite Satz
der Jupiter-Sinfonie,... der Potatouhead-Blues
von Louis Armstrong,... die Education sentimentale von Flaubert...«
Woody Allen in »Manhattan«
Kritik
¯Die Kunst des Romans konnte seitdem nicht mehr überboten werden.® Heinrich Mann
Leseprobe
Erster Teil
Am 15. September 1840 lag die »Ville-de-Montereau« gegen
sechs Uhr morgens abfahrtbereit und dicke Rauchwirbel ausstoßend
am Quai Saint-Bernard.
Atemlos kamen Leute gelaufen. Stückfässer, Taue und
Wäschekörbe behinderten den Verkehr. Die Matrosen gaben
keinem Menschen Antwort. Die Menge stieß sich; zwischen
den beiden Radkasten wuchsen die Gepäckstücke empor,
und der Lärm ging im Zischen des Dampfes unter, der, unter
den Blechverkleidungen ausströmend, alles in einen weiblichen
Dunst hüllte, indessen vorn die Glocke ohne Unterlaß
läutete.
Endlich fuhr das Schiff ab; und die beiden Ufer mit ihren Speichern,
Holzplätzen und Fabriken glitten vorüber wie zwei breite
sich abrollende Bänder.
Ein junger Mann von achtzehn Jahren, mit langem Haar, verweilte,
ein Album unter dem Arm, reglos beim Steuerrad. Durch den Nebel
hindurch betrachtete er die Kirchtürme und Bauwerke, deren
Namen er nicht kannte; dann umfing er mit einem letzten Blick
die Insel Saint Louis, die Altstadt und Notre-Dame; und als dann
bald Paris verschwunden war, seufzte er tief.
Frédérik Moreau kehrte, nachdem er vor kurzem Bakkalaureus
geworden war, nach Nogent-sur-Seine zurück, wo er nun zwei
Monate schmachten sollte, ehe er sein Rechtsstudium beginnen konnte.
...
Autoreninfo
Gustave Flaubert, 1821 in Rouen als Sohn eines Chirurgen geboren, besuchte zuerst die Schulen in seiner (durch "Madame Bovary" berühmt gewordenen) Vaterstadt, studierte eher lust- und erfolglos die Rechte in Paris und mußte sich dann aufgrund eines rätselhaften Nervenleidens aus jeder Berufstätigkeit zurückziehen. Er lebte in strenger schriftstellerischer Askese in Rouen, unternahm immer wieder Reisen in Europa, nach Nordafrika und dem Nahen Osten und starb 1880 im Alter von 59 Jahren. Flaubert war unerbittliche Präzision in der Kunst wichtiger als überhitzte Inspiration und das Suchen nach bisher unbeschriebenen Aspekten derWirklichkeit wesentlicher als romantische Gefühlsdarstellung. Diese strenge Forderung setzte er in "Madame Bovary" in revolutionärer Weise um - doch vorher hatte es in seinem Leben eine Epoche gegeben, die in ihrer anarchischen Heftigkeit ihresgleichen sucht.