Produktbeschreibung
Die Komödie Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie
wurde am 5. 5. 1953 gleichzeitig am Schauspielhaus Zürich
und am Schiller-Theater Berlin uraufgeführt. Der hier vorliegende
und zum erstenmal in einer Einzelausgabe veröffentlichte
Text folgt der revidierten Fassung von 1961, die am I2. 9. 1962
am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg erstaufgeführt wurde.
Max Frisch im Nachwort: »Don Juan ist ein Intellektueller,
wenn auch von gutem Wuchs und ohne alles Brillenhafte. Was ihn
unwiderstehlich macht für die Damen von Sevilla, ist durchaus
seine Geistigkeit, sein Anspruch auf eine männliche Geistigkeit,
die ein Affront ist, indem sie ganz andere Ziele kennt als die
Frau und die Frau von vornherein als Episode einsetzt - mit dem
bekannten Ergebnis freilich, daß die Episode schließlich
sein ganzes Leben verschlingt.«
Leseprobe
Erster Akt
Vor dem Scbloß
Nacht. Musik. Ein junger Mann schleicht die Treppe hinauf,
um von der Terrasse ins Schloß zu spähen. Ein Pfau
schreit. Da jemand. auf die Terrasse kommt, versteckt der
junge Mann sich hinter einer Säule.
DONNA ELVIRA. Don Juan? Don Juan?
DONNA INEZ. Kein Mensch ist hier.
DONNA ELVIRA. Sein Schimniel steht im Stall.
DONNA INEZ. Sie tauben sich ganz gewiß, Donna Elvira.
Was soll ein Mensch in dieser Finsternis? Mich fröstelt,
und wenn dann noch die Pfauen kreischen, liuh, mir geht's durch
Mark und Bein, bevor ich es höre.
DONNA ELVIRA. Don Juan? Don Juan?
DONNA INEZ. Palmen im Wind. Wie das Klingeln eines Degens
an steinernen Stufen. Ich kenne das, Donna Elvira, ich höre
das jede Nacht, und jedesmal, wenn ich ans Fenster trete: nichts
als die Palmen im Wind. DONNA ELVIRA. Er ist gekommen,
das weiß ich, sein Schimmel steht im Stall ...
Sie verschwinden, und der junge Mann tritt abermals vor, um
zu spähen; er muß sich abermals hinter eine Säule
verstecken, von der anderen Seite kommen ein Greis und ein runder
Pater.
TENORIO. Geduld! Sie haben leicht reden, Pater Diego. Und
wenn der Lümmel überhaupt nicht kommt? Schon ist es
Mitternacht. Geduld! Nehmen Sie meinen Sohn nicht in Schutz. Er
hat kein Herz, ...
Autoreninfo
Max Frisch wurde 1911 in Zürich geboren und starb 1991 ebenda. Er studierte Germanistik an der Universität Zürich (1930-1934) und Architektur an der ETH Zürich (1936-1940). Ab 1931 arbeitete er als Journalist, später als freier Schriftsteller. Seine zahlreichen Auslandsreisen führten ihn u.a. 1951/1952 für einen längeren Aufenthalt in die USA. Max Frisch hat ein großes literarisches Werk geschaffen, das mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, unter anderem 1958 mit dem Georg-Büchner-Preis und 1976 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.