Produktbeschreibung
'Dieses Buch sollte ursprünglich gar kein Buch werden. Es entstand aus
einer Serie von Briefen, die ich nach Kriegsende an die Eltern meines Mannes
schrieb. Sie hatten die Zerstörung ihres Hauses durch Brandbomben überlebt
und warteten, hochbetagt, auf unsere Rückkehr. Da es damit nicht so rasch
gehen wollte, begann ich, ihnen über unser Ergehen in Amerika während der
langen Trennungsjahre zu berichten. Unsere Existenz in diesen Jahren hatte
sich in vieler Hinsicht ganz anders gestaltet, als man sich die Lebensumstände
eines emigrierten Schriftstellers vorstellen würde. Gerade dieses Leben
aber in seiner primitiven, ländlichen Umgebung hatte uns eine Kenntnis
und Schätzung des amerikanischen Alltags geschenkt, wie sie vielen Einwanderern
vorenthalten blieb. Als Erich Kästner bei einem Besuch der Eltern Zuckmayers
einige dieser Briefe zu Gesicht bekommen hatte, erschienen sie plötzlich,
zu meinem größten Staunen, in seinem Feuilleton. Dadurch ermutigt, und
durch viele Fragen angespornt, verfaßte ich den vorliegenden Bericht.'
Zusammenfassung
»Dieses Buch sollte ursprünglich gar kein Buch werden.
Es entstand aus einer Serie von Briefen, die ich nach Kriegsende
an die Eltern meines Mannes schrieb. Sie hatten die Zerstörung
ihres Hauses durch Brandbomben überlebt und warteten, hochbetagt,
auf unsre Rückkehr. Da es damit nicht so rasch gehen wollte,
begann ich, ihnen über unser Ergehen in Amerika während
der langen Trennungsjahre zu berichten. Unsere Existenz in diesen
Jahren hatte sich in vieler Hinsicht ganz anders gestaltet, als
man sich die Lebensumstände eines emigrierten Schriftstellers
vorstellen würde. Gerade dieses Leben aber in seiner primitiven,
ländlichen Umgebung hatte uns eine Kenntnis und Schätzung
des amerikanischen Alltags geschenkt, wie sie vielen Einwanderern
vorenthalten blieb. Je mehr ich mich erinnerte, desto länger
wurden die Briefe. Als Erich Kästner, damals Redakteur der
Münchner Neuen Zeitung, bei einem Besuch der Eltern
Zuckmayers einige dieser Briefe zu Gesicht bekommen hatte, erschienen
sie plötzlich, zu meinem größten Staunen, in seinem
Feuilleton. Dadurch ermutigt, und durch viele Fragen angespornt,
verfaßte ich den vorliegenden Bericht.«
Alice Herdan-Zuckmayer
Leseprobe
Im Mai 1939 erhielten wir die Nachricht, daß unser Visum
nach Amerika für uns bereit sei. Einige Tage später
erhielten wir Nachricht, daß wir mit Kind und Kegel aus
Deutschland und Österreich ausgebürgert worden waren.
Wir begannen Abschied zu nehmen.
Wir waren damals über ein Jahr in Chardonne sur Vevey am
Genfer See gewesen, wir liebten die Landschaft, das Dorf, die
Weinberge, das Haus; die Hotelbesitzer waren unsere Freunde geworden.
Wir hatten hier Weihnachten und Neujahr gefeiert und die goldene
Hochzeit unserer Eltern.
Wir mußten nun Abschied feiern.
Die Eltern kamen nochmals aus Deutschland, die Freunde aus Österreich,
Italien, Deutschland unter großen Ausreise- und Einreiseschwierigkeiten.
Wir spürten den kommenden Krieg in den Gebeinen, wir waren
Auswanderer geworden, wir feierten den Abschied als etwas Endgültiges
und Besiegeltes. Wir sagten auf Wiedersehen und hatten nur einen
Schimmer von Hoffnung auf Wiedersehen.
In all den Jahren in Amerika hatten wir Sehnsucht nach Chardonne,
man könnte es fast Heimweh nennen, obwohl wir nur ein Jahr
dort gelebt hatten. Es war für uns der Platz in Europa,
der voll ungestörter Erinnerungen war.
Unser Haus in Österreich, unsere Wohnungen in Berlin und
Wien waren enteignet, geplündert, zerstört - das waren
Alpträume. Aber von Chardonne konnte man ungestört
träumen, und die wahre Sehnsucht erinnert sich wohl an daß
Unveränderte und Unvergängliche.
Nach Barnard, Vermont, kamen wir zum erstenmal fünf Wochen
nach unsrer Ankunft in Amerika.
Autoreninfo
Alice Herdan-Zuckmayer
wurde in Wien geboren und verlebte dort ihre Kinder- und Mädchenjahre.
Nachdem sie in Berlin einige Zeit als Schauspielerin tätig
gewesen war, heiratete sie im Jahre 1925 den Dichter Carl Zuckmayer.
Sie holte dann ihre Reifeprüfung nach und studierte einige
Semester Medizin. Ihr Studium wurde im Jahre 1933 unterbrochen.
Nach dem Einmarsch Hitlers in Österreich mußten Carl
und Alice Zuckmayer ihr dortiges Heim, in Henndorf bei Salzburg,
verlassen. Im Jahre 1939 wanderten sie mit ihren beiden Töchtern
nach Amerika aus, wo sie während der Kriegsjahre eine Farm
im Staat Vermont betrieben. Sie lebt heute im Wallis (Schweiz).
Carl Zuckmayer starb am 18.1.1977. 1979 veröffentlichte
Alice Herdan-Zuckmayer ihre Erinnerungen an die Pädagogin
Eugenie Schwarzbach "Genies sind im Lehrplan nicht vorgesehen"
(S. Fischer Verlag). Im Fischer Taschenbuch Verlag erschienen:
Das Kästchen (Bd. 733), Das Scheusal, (Bd.
1528).