Produktbeschreibung
Es geht in :Die helle Kammer9 keineswegs ums Photographieren (als Akt der Herstellung), sondern um die :PHOTOGRAPHIE9, ein Faszinosum, welches - Bild, das es ist - wahrgenommen, erblickt, angeschaut sein will. Und wer so genau hinschaut wie Roland Barthes, sieht als :spectator9 im Photo ein Symbol der Unsterblichkeit, sieht es als Magie und Alchimie, sieht darin sowohl die wahnhafte Doppelgängermotivik als auch die unbewegte Klarheit des Haiku, sieht letztlich sogar den abstrakten Körperteil :Ausdruck9 - :dieses Unerhörte, das vom Körper zur Seele führt - animula. Süddeutsche Zeitnng
Kritik
¯Es scheint fast so, als wolle Roland Barthes die Photographie, die für ihn unergründbar bleibt, 'weil ihre Evidenz so mächtig ist', mit diesem kleinen Buch vor ihrer Verharmlosung retten. Die helle Kammer war Roland Barthes zu Lebzeiten letzte Veröffentlichung. Heute kann man das Büchlein getrost ein Standardwerk über Fotographie nennen.® Volker Sielaff Dresdner Neueste Nachrichten 20090829
Leseprobe
Eines Tages, vor sehr langer Zeit, stieß ich auf eine Photographie
des jüngsten Bruders von Napoleon, Jérôme (1852).
Damals sagte ich mir, mit einem Erstaunen, das ich seitdem nicht
mehr vermindern konnte: "Ich sehe die Augen, die den Kaiser
gesehen haben." Manchmal sprach ich von diesem Erstaunen,
da aber niemand es zu teilen, ja nicht einmal zu verstehen schien
(so besteht das Leben aus kleinen Einsamkeiten), vergaß
ich es wieder. Mein Interesse an der PHOTOGRAPHIE nahm eine eher
kulturell bestimmte Wendung. Ich entschied mich dafür, daß
ich das PHOTO gegen das Kino liebte, auch wenn es mir nicht gelang,
beides voneinander zu trennen. Diese Frage ließ mich nicht
los. Was die PHOTOGRAPHIE anlangte, so hielt mich ein "ontologischer"
Wunsch gefangen: ich wollte unbedingt wissen, was sie "an
sich" war, durch welches Wesensmerkmal sie sich von der Gemeinschaft
der Bilder unterschied. Ein solcher Wunsch bekundete, daß
ich, ungeachtet der mit der Technik und dem Gebrauch entstandenen
Evidenzen, im Grunde nicht sicher war, ob es die PHOTOGRAPHIE
wirklich gab, ob sie ein ihr eigentümliches "Wesen"
besaß.
Autoreninfo
Roland Barthes (1915-1980), einer der bedeutendsten Kritiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ist als einer der Initiatoren und Vorkämpfer der semiologischen Revolution bekannt geworden - und für ein Werk, in dem sich biographisches Material und wissenschaftlicher Ansatz miteinander verflechten. Einen heute relativ unbekannten Teil seines Werkes verfaßte er in den fünfziger Jahren. Zu dieser Zeit war Roland Barthes aktiv beteiligt an der Gründung und dem Erscheinen der Zeitschrift "Teatre populaire", eines ebenso ästhetischen wie politischen Phänomens. Anfang der sechziger Jahre gibt Barthes das Theater auf, er besucht es nicht mehr, er schreibt so gut wie keinen Artikel mehr über Aufführungen. Aber er ist langfristig von seiner Erfahrung geprägt: "Im Herzen meines Werks, das Theater".Er starb am 26. März 1980 an den Folgen eines Verkehrsunfalls. Zuletzt hatte er am Coll ge de France einen Lehrstuhl für Semiologie.