Produktbeschreibung
Nachdem Joseph ein weiteres Mal als Sklave weitergereicht wurde, kommt er an Potiphars Hof und steht in dessen Diensten. Seine Frau, Mut-em-enet, findet Gefallen an dem vierundzwanzigjährigen Jüngling und beginnt, um ihn zu werben. Joseph widersteht, da er die Rache Gottes fürchtet. Durch eine Intrige erwirkt die gedemütigte Mut, dass Joseph im Gefängnis landet. Der dritte Teil der 'Josephs'-Romane erschien 1936 bei Bermann-Fischer in Wien.
Zusammenfassung
»Höchst liebenswürdig ist diese natürliche
Geschichte, nur erscheint sie zu kurz, und man fühlt sich
versucht, sie in allen Einzelheiten auszuführen.« Thomas
Mann zitierte, was Goethe über die Josephs-Geschichte der
Bibel geschrieben hatte, wie um sich zu rechtfertigen, denn er
mußte zwei Jahre nach Beginn der Niederschrift gestehen:
»das wird ja wieder mal kein Roman im herkömmlichen
Sinn, sondern der Versuch eines epischen Werkes von unmodisch
langem Atem, zu dessen Herstellung eine zähe Geduld gehört.«
Sechzehn Jahre sollte es insgesamt dauern, bis er am 4. Januar
1943 die Tetralogie »mit Josephs heiterer Stimme ausklingen«
lassen konnte.
Die wie in »Schönen Gesprächen« mythisch unbestimmte
Zeit, in der die ersten beiden Bände des Romanes spielen,
konkretisiert sich im dritten zu den Jahren etwa zwischen 1411
und 1365, die Zeit der Regentschaft des Königs Amenhotep
III. Joseph wird von den Ismaelitern aus der Welt der Stämme
und Hirten in die eines Staates mit weitreichender Zivilisation
verbracht. Dort lernt er, sich zu »Identifizieren«.
Als Sklave wird er an Peteprê, das ist Potiphar, einen
Groß-Eunuchen des Pharao, verkauft; er erweist sich als
klug und fleißig, und man ernennt ihn zum Hausverwalter.
Seine männliche Schönheit reizt Mut-em-enet, seine
Herrin in ihrer unerfüllten Ehe -Joseph widersteht, wird
von ihr verleumdet und abermals »in die Grube«, diesmal
ins Inselgefängnis, geworfen.
Leseprobe
Erstes Hauptstück: Die Reise hinab
Vom Schweigen der Toten
»Wohin führt ihr mich?« fragte Joseph den Kedma,
einen der Söhne des Alten, als sie in niedrigem Hügelland,
das der Mond beschien, zu Füßen der Berge »Baumgarten«,
Hütten spannten, um darin zu schlafen.
Kedma sah ihn von oben bis unten an.
»Du bist gut«, sagte er und schüttelte den Kopf
zum Zeichen, daß er nicht »gut« meinte, sondern
mehreres andere, wie »einfältig«, »frech«
und »sonderbar«. »Wohin wir dich führen?
Führen wir dich denn? Wir führen dich doch gar nicht!
Du bist zufällig mit uns, weil dich der Vater gekauft hat
von harten Herren, und ziehst mit uns, wohin wir ziehen. Das
kann man doch nicht gut führen nennen.«
»Nicht? Also nicht«, erwiderte Joseph. »Ich meinte
nur: Wohin führt mich Gott, indem ich mit euch ziehe?«
»Du bist und bleibst ein Bursche zum Lachen«, entgegnete
der Ma'oniter, »und hast eine Art, dich in die Mitte der
Dinge zu stellen, daß niemand weiß, ob er sich wundern
soll oder ärgern. Meinst du Heda, wir reisen, damit du irgendwohin
kommst, wo dein Gott dich haben will?«
»Ich denke nicht daran«, versetzte Joseph. »Weiß
ich doch, daß ihr, meine Herren, auf eigene Hand reist,
nach euren Zwecken und wohin euch der Sinn steht, und will gewiß
eurer Würde und Selbstherrlichkeit nichts anhaben mit meiner
Frage. Aber siehe, die Welt hat viele Mitten, eine für jedes
Wesen, und um ein jedes liegt sie in eigenem Kreise. Du stehst
nur eine halbe Elle von mir, aber ein Weltkreis liegt um dich
her, deren Mitte nicht ich bin, sondern du bist's. Ich aber bin
die Mitte von meinem.
Autoreninfo
Thomas Mann wurde 1875 in Lübeck geboren und wohnte seit 1894 in München. 1933 verließ er Deutschland und lebte zuerst in der Schweiz am Zürichsee, dann in den Vereinigten Staaten, wo er 1938 eine Professur an der Universität in Princeton annahm. Später hatte er seinen Wohnsitz in Kalifornien, danach wieder in der Schweiz. Er starb in Zürich am 12. August 1955. 1929 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.