Produktbeschreibung
Der Roman erzählt das Leben des englischen Seefahrers und Nordpolforschers
John Franklin (1786-1847), der schon als Jugendlicher an Seeschlachten
teilnahm (Kopenhagen 1801, Trafalgar 1805). Sein Lebensziel war die Entdeckung
der Nord-West-Passage nördlich des Nordamerikanischen Festlandes, der Verbindung
von Atlantik und Pazifk. Nach zwei Arktisexpeditionen war Franklin kurzzeitig
Gouverneur in Australien, bevor er auf der dritten Forschungsreise einen
Schlaganfall erlitt und mit seiner Mannschaft im ewigen Eis starb. Die
Entdeckung der Langsamkeit ist zugleich Abenteuer- wie Entwicklungsroman.
Nadolny greift die biografischen Fakten aus dem Leben Franklins auf, ergänzt
das Porträt des Kapitäns jedoch um einen wesentlichen Punkt: Franklin ist
ein langsamer Mensch, im Denken, Sprechen und Handeln, eigentlich zu langsam
für die moderne Zeit der industriellen Revolution. Die vermeintliche Schwäche
des Außenseiters wird jedoch als Ausdauer, Gründlichkeit und Gelassenheit
zur Stärke. Franklin entzieht sich der Beschleunigung des Zeitalters und
setzt ihr seine Haltung und Anschauung entgegen, nach der jedes Individuum
seinen Fähigkeiten entsprechend einen sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft
leisten kann. Damit ist er zugleich Kritiker der modernen Zivilisation
wie als Forscher deren typischer Vertreter. Franklins Langsamkeit erscheint
geradezu als Voraussetzung für eine humane Gesellschaft, getragen vom Respekt
der Menschen untereinander und einem verantwortungsvollen Umgang. Sein
Prinzip bewährt sich sowohl auf der Polarexpedition wie in der Liebe. Zum
Scheitern verurteilt ist lediglich sein Versuch, sein Vorgehen als Gouverneur
einer Strafkolonie in der Politik einzuführen. Dennoch bleibt letztlich
die Botschaft, dass seine umsichtige, bedächtige Art zum Frieden zwischen
den Menschen und Völkern beiträgt.
Zusammenfassung
»Die Entdeckung der Langsamkeit« ist auf den ersten
Blick zugleich ein Seefahrerroman, ein Roman über das Abenteuer
und die Sehnsucht danach und ein Entwicklungsroman. Doch hat
Sten Nadolny die Biographie des englischen Seefahrers und Nordpolforschers
John Franklin (1786- 1847) zu einer subtilen Studie über
die Zeit umgeschrieben: die Langsamkeit als eine Kunst, dem Rhythmus
des Lebens Sinn zu verleihen. Wie bei einem Palimpsest erscheint
hinter den Sätzen eine andere Schrift, hinter der Prägnanz
und Redlichkeit der Aufklärung verbergen sich Humor und Traurigkeit
der Romantik.
Von Kindheit an träumt John Franklin davon, zur See zu fahren,
obwohl er dafür denkbar ungeeignet ist: Langsam im Sprechen
und Denken, langsam in seinen Reaktionen, mißt er die Zeit
nach eigenen Maßstäben. Zunächst erkennt nur
sein Lehrer, daß Johns eigenartige Behinderung auch Vorzüge
hat - was er einmal erfaßt hat, das behält er, das
Einzigartige, das Detail begreift er besser als andere. John
Franklin geht zur Marine, erlebt den Krieg und das Sterben. Beides
trifft ihn um so furchtbarer, als er innerhalb des von ihm kaum
begriffenen, chaotisch schnellen Geschehens einzelne Vorgänge
wie in Zeitlupe ablaufen sieht. Er träumt von friedlicher
Entdeckung, will die legendäre Nordwestpassage finden.
Kritik
¯Nadolny ist ein Erzähler unvergeßlicher Geschichten.® Frankfurter Allgemeine Zeitung
Autoreninfo
Sten Nadolny, geboren 1942 in Zehdenick an der Havel, lebt in Berlin. Ingeborg-Bachmann-Preis 1980, Hans-Fallada-Preis 1985, Premio Vallombrosa 1986, Ernst-Hoferichter-Preis 1995. Nach seinem ersten Roman "Netzkarte" erschien 1983 "Die Entdeckung der Langsamkeit", in alle Weltsprachen übersetzt, danach "Selim oder Die Gabe der Rede", "Ein Gott der Frechheit" und "Er oder Ich".