Produktbeschreibung
Der spannenden Nibelungensage liegen geschichtliche Tatsachen zugrunde, wie die Vernichtung der Burgunder am Rhein durch die Hunnen 436 und der Tod Attilas in der Nacht seiner Hochzeit mit Ildica, einer Germanin. Dieses "Hohelied der Treue" zeigt zugleich die Tragik der Treue auf, die hier zu Tod und Untergang führt. Das ausführliche Nachwort enthält Ausführungen zu der Entstehung und den Dichtern des Nibelungen-Stoffes sowie Angaben über alte Handschriften und Überlieferungen. Es geht ausserdem auf die einzelnen Charaktere und Gestalten des Epos ein.
Leseprobe
Im Land der Burgunden, in der Königsstadt Worms am Rhein,
wuchs eine schöne Jungfrau heran, deren Schönheit bald
überall Aufsehen erregte. Es war Kriemhild, die Tochter
des verstorbenen Königs Dankrat und der Königin Ute,
die als reiche Witwe zurückgezogen lebte und neben Kriemhild
noch drei Söhne hatte: Gunther, den jetzigen König der
Burgunden, Gernot und Giselher. Es waren tapfere Recken, deren
Kraft und Kühnheit weit und breit bekannt war. Ihnen dienten
ebenso tapfere und treue Gefolgsleute, allen voran Hagen von Tronie,
der grimmige Kämpfer und weise Ratgeber, sowie sein Bruder
Dankwart, auch Herr Ortwin von Metz, Hagens Neffe und Truchseß
des Königs, und die beiden Markgrafen Gere und Ekkewart.
Hohes Ansehen genoß auch Volker von Alzei, ein Freund Hagens.
Dazu gehörten auch Rumold, der Küchenmeister, und die
Herren Sindold und Hunold, die den Glanz des Hofes vermehrten.
Außer ihnen standen noch viele tapfere Recken im Dienste
des Burgunderkönigs.
Eines Nachts träumte Kriemhild, daß zwei Adler zu ihrem
großen Leidwesen ihr einen abgerichteten wilden Falken zerrissen.
Voll Kummer ging sie zu ihrer Mutter Ute und bat sie, ihr den
Traum zu deuten. Nach kurzem Besinnen sagte diese: "Der
Falke, den du gezogen hast, ist ein edler Mann. Ihn möge
Gott behüten, sonst ist es um ihn geschehen und du mußt
seinen frühen Tod beweinen."
"Was sagt Ihr da von einem Manne, liebe Mutter", rief
Kriemhild. "Ohne Mannesliebe will ich immer bleiben, damit
mir nie durch Liebe ein Leid geschieht!"
"Das solltest du nicht verreden, Kriemhild", erwiderte
die Mutter, "denn wenn du wirklich glücklich werden
willst, so geschieht das durch die Liebe eines Mannes. Und so
Gott will, wirst auch du eines Tages das Weib eines edlen Ritters."
"Solche Rede laß sein, Mutter", erwiderte Kriemhild,
ich weiß von manchen Frauen, deren Liebe in Leid umgeschlagen
ist, und das soll mir erspart bleiben."
So verlebte sie noch manche Zeit, ohne daß ihr irgendein
Mann gefiel, ohne daß ihr Herz beim Anblick eines Ritters
schneller schlug - bis der richtige kam.