Produktbeschreibung
Clarissa Dalloway führt ein großes Haus im vornehmen Londoner Stadtteil Westminster. Eine ihrer glänzenden Soireen soll an einem Junitag des Jahres 1923 stattfinden. Der Ablauf dieses einen Tages bildet die Gegenwart des Romans, in die Clarissa durch die Stundenschläge des Big Ben immer wieder zurückgeholt wird. Denn die Ereignisse - Besorgungen, Vorbereitungen, Besuche und schließlich die Abendgesellschaft, die allen konventionellen Erwartungen entspricht - lösen Assoziationen aus, die sie zugleich in die Vergangenheit und in die Wirklichkeit ihres inneren Bewußtseins führen, die eigentliche Welt dieses Romans. In langen Erinnerungs- und Gedankenketten wird sie sich nach und nach der Brüche zwischen ihrer äußeren und ihrer inneren Existenz gewahr.
Zusammenfassung
Clarissa Dalloway, Gattin eines Parlamentsabgeordneten, wird eine
große Abendgesellschaft in ihrem Haus im vornehmen Stadtteil
Westminster geben. Sie macht Besorgungen, trifft Vorbereitungen,
empfängt Gäste, wird allen konventionellen Ansprüchen
gerecht. Dabei überläßt sie sich Erinnerungen
und Gedanken, die die eigentliche Handlungsebene dieses Romans
führen. In den Empfindungen, Assoziationen und Visionen
spiegeln sich Vergangenheit und Gegenwart, Leben und Erleben.
»Bei diesem Buch habe ich beinah zu viele Ideen. Ich will
Leben & Tod, geistige Gesundheit & Wahnsinn zum Ausdruck
bringen; ich will Kritik am Gesellschaftssystem üben &
es in Aktion vorführen, da wo sie am intensivsten ist.«
Das vermerkte Virginia Woolf 1923 in ihrem Tagebuch. Damals sollte
der Roman noch »The Hours« heißen, nach den Stundenschlägen
des Big Ben, die darin den Ablauf eines einzigen Tages - eines
Junitages im Jahr 1923 - begleiten.
Leseprobe
Mrs. Dalloway sagte, sie wolle die Blumen selber kaufen. Denn
Lucy hatte genug zu bestellen. Die Türen würden aus
den Angeln gehängt werden; Rumpelmayers Leute kämen.
Und dann, dachte Clarissa Dalloway, was für ein Morgen -
frisch, wie geschaffen für Kinder am Strand.
Was für ein Vergnügen! Was für ein Sprung! Denn
so war es ihr immer vorgekommen, wenn sie, mit einem leichten
Quietschen der Angeln, das sie jetzt hören konnte, die Fenstertür
zum Garten aufgerissen hatte und in Bourton ins Freie gesprungen
war. Wie frisch, wie ruhig, stiller natürlich als jetzt,
die Luft am frühen Morgen war; wie der Klaps einer Welle;
der Kuß einer Welle; eiskalt und schneidend und doch (für
ein Mädchen von achtzehn, das sie damals war) feierlich,
mit dem Gefühl, das sie an der offenen Tür stehend hatte,
etwas Bestürzendes werde sich gleich ereignen; auf die Blumen
blikkend, auf die Bäume mit dem entweichenden Dunst und die
steigenden und sinkenden Krähen, stehend und blickend, bis
Peter Walsh sagte »zum Grübeln ins Gemüse«
- war es das? - »Menschen sind mir lieber als Blumenkohl«
- war es das? - Er mußte es eines Morgens beim Frühstück
gesagt haben, als sie auf die Terrasse getreten war - Peter Walsh.
Er wurde dieser Tage aus Indien zurückkehren, im Juni oder
Juli, sie hatte vergessen, wann, denn seine Briefe waren schrecklich
fade; seine Bemerkungen waren es, an die man sich erinnerte; seine
Augen, sein Taschenmesser, sein Lächeln, seine Verdrossenheit
und, wenn abertausend Dinge längst entschwunden waren - wie
seltsam war das! -, ein paar Bemerkungen wie die über Kohlköpfe.
Sie stockte ein wenig am Kantstein, bis Durtnalls Lieferwagen
vorbeigefahren war. Eine bezaubernde Frau, meinte Scrope Purvis
von ihr (er kannte sie, wie man Leute kennt, die neben einem in
Westminster wohnen); etwas von einem Vogel an ihr, einem Eichelhäher,
blau-grün, leicht, lebhaft, obwohl sie über fünfzig
und seit ihrer Krankheit sehr weiß geworden war. Da war
sie, aufgebäumt, ganz ohne ihn zu sehen, aufs Hinübergehen
wartend, sehr aufrecht.
Autoreninfo
Virginia Woolf (1882-1941) bildete bereits in jungen Jahren gemeinsam mit ihrem Bruder den Mittelpunkt der intellektuellen "Bloomsbury Group". Ihre Romane zählen zu den Meilensteinen moderner Literatur. Zugleich war sie eine der einflußreichsten Essayistinnen ihrer Zeit. Aus Furcht, geistig zu umnachten, nahm sie sich nach einem Bombenangriff das Leben.