Produktbeschreibung
»Wenn man ein Drama schreibt, das Lebensdeutung versucht, so sind seine Gestalten keine Prinzipienträger, sondern Menschen, die leiden und handeln, ihren Weg suchen oder ihn verfehlen. Man rechnet sich die Handlungsweise seiner Personen nicht aus, wie man einen mathematischen Beweis führt, sondern man stellt sie sich vor, wie sie aus ihrem Wesen und Gesetz heraus sein müssen - bis sie von selber handeln und ihre eignen Entscheidungen fällen, die ihnen der Autor nicht mehr vorschreiben kann. Es ist also nicht so, daß man in der einen Figur das verkörpert, was man für unbedingt gut, in der anderen das, was man für unbedingt schlecht hält. Eine solche Schreibart wird zwar immer wieder von Dogmatikern verlangt oder versucht, aber sie erschafft kein Drama. Man möge sich nun zu Oderbruchs erdichteter Handlungsweise stellen, wie man will: es ergab sich hier aus der inneren Situation, daß der Mensch, der das Gute erstrebt, in seiner Not, in seiner ausweglosen Bedrängnis, das Ungute, die verdammenswerte Tat, nämlich den Mord, noch dazu den Freundesmord, auf sich nehmen muß. Denn in der Hölle gibt es keine Engel, und im Umkreis dieses Stückes herrscht, wie schon sein Titel sagt, die Hölle auf Erden.«
Zusammenfassung
"Wenn man ein Drama schreibt, das Lebensdeutung versucht,
so sind seine Gestalten keine Prinzipienträger, sondern Menschen,
die leiden und handeln, ihren Weg suchen oder ihn verfehlen. Man
rechnet sich die Handlungsweisen seiner Personen nicht aus, wie
man einen mathematischen Beweis führt, sondern man stellt
sie sich vor, wie sie aus ihrem Wesen und Gesetz heraus sein müssen
- bis sie von selber handeln, und ihre eignen Entscheidungen fällen,
die ihnen der Autor nicht mehr vorschreiben kann. Es ist also
nicht so, daß man in der einen Figur das verkörpert,
was man für unbedingt gut, in der anderen das, was man für
unbedingt schlecht hält. Eine solche Schreibart wird zwar
immer wieder von Dogmatikern verlangt oder versucht, aber sie
erschafft kein Drama. Man möge sich nun zu Oderbruchs erdichteter
Handlungsweise stellen, wie man will: es ergab sich hier aus der
inneren Situation, daß der Mensch, der das Gute erstrebt,
in seiner Not, in seiner ausweglosen Bedrängnis, das Ungute,
die verdammenswerte Tat, nämlich den Mord, noch dazu den
Freundesmord, auf sich nehmen muß. Denn in der Hölle
gibt es keine Engel, und im Umkreis dieses Stückes herrscht,
wie schon sein Titel sagt, die Hölle auf Erden."
Leseprobe
Erster Akt
Höllenmaschine
Reserviertes Zimmer in Ottos Restaurant. Solide »altdeutsche« Einrichtung. In der Mitte ein festlich gedeckter Büfettisch, zur Selbstbedienung
für etwa fünfzehn Personen. Im Hintergrund, durch geraffte Portieren
halb verdeckt, eine »gemütliche« Ecke, mit Rauchtischchen, Klubsesseln, Likör- und Zigarrenservice. Wenn der Vorhang aufgeht, brennt
noch die volle elektrische Deckenbeleuchtung, aber François und Herr
Detlev, die an die Tischdekoration letzte Hand anlegen, Flaschen entkorken und Aperitifgläser füllen, beginnen eine Menge großer Kerzen
in silbernen Tisch- und Wandleuchtern anzuzünden und drehen später
das grelle Hauptlicht ab. Alle Fenster sind mit dicken schwarzen Vorhängen verhüllt. Ein Ventilator summt leise.
DETLEV Wie spät?
FRANÇOIS Minuit moins le quart.
DETLEV Wird ne lange Nacht geben.
FRANÇOIS Ça y est. Dicke Marie, pour nous.
DETLEV Wenn Harras mal wieder richtig auffahren
läßt - Mensch - das ist noch alte Schule. Da bleibt
kein Auge trocken.
FRANÇOIS Que fais-tu donc? Pas de Porto, pour
Harras. Il va
commencer avec un Armagnac. Double. Donne-moile grand
verre.
DETLEV Woher weißt du, Sibylle?
FRANÇOIS Je le connais. Il vient de la Reichskanzlei -
d'une réception officielle d'Etat. Alors - il lui
faut plus fort que du
Porto. C'est logique. N'est-ce pas?
DETLEV Stimmt wie ne Baßgeige. Wenn er seinem Führer ins
Auge geschaut hat, dann braucht er ne innere Spülung.
FRANÇOIS mit einem Blick über die kalten Platten
Dieu merci, que
nous avons des pays occupés. C'est le confort du
patron. On
ne mange que des fruits ... les fruits de la victoire.
Voilà:...
Autoreninfo
Carl Zuckmayer wurde am 27. Dezember 1896 in Nackenheim am Rhein geboren. Nach dem Abitur in Mainz meldete er sich als Kriegsfreiwilliger. 1918 begann er ein kurzes Studium der Geistes- und Naturwissenschaften in Frankfurt a.M. und Heidelberg. 1920 ging er nach Berlin. Erste Stücke blieben ohne Erfolg, erst "Der fröhliche Weinberg" brachte ihm 1925 den Durchbruch und den Kleist-Preis. 1933 verhängten die Nationalsozialisten ein Aufführungsverbot über ihn. Er zog in sein Haus nach Salzburg. 1938 floh er in die Schweiz, ein Jahr später emigrierte er in die USA, wo er als Farmer lebte. Von 1947 bis 1957 hielt er sich abwechselnd in der Schweiz und in den USA auf. 1958 kehrte er endgültig in die Schweiz zurück. Am 18. Januar 1977 ist er als einer der über Jahrzehnte erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren in Visp (Wallis) gestorben.