Produktbeschreibung
Der Biograph, der Erzähler, der Menschenschilderer Stefan Zweig hat nur einen einzigen Roman geschrieben. Er greift darin die Thematik des Mitleids auf, deren falsche Form den jungen Leutnant Anton Hofmiller in einen Konflikt bringt. Edith von Kekesfalva, ein siebzehnjähriges gelähmtes Mädchen verliebt sich in ihn, ohne daß er ihr Gefühl erwidern kann. Doch ihre Zuneigung schmeichelt ihm. Der Arzt des Mädchens, dem deutlich wird, daß nur »das schwachmütige und sentimentale Mitleid, das eigentlich nur Ungeduld des Herzens ist«, den Leutnant bewegt, fordert seinerseits nun von ihm das »andere, das einzig zählt - das schöpferische Mitleid, das weiß, was es will und entschlossen ist, alles durchzustehen bis zum Letzten«. Anton Hofmiller glaubt formal und äußerlich der Verlobung zu genügen, ist aber unfähig, Edith auch nur einen einzigen Schritt wirklich entgegenzugehen, ja er streitet seinen Kameraden gegenüber sogar diese Verbindung ab. Sein Schuldbewußtsein erwacht sofort, aber erst allmählich wird er bereit, Verantwortung zu tragen. Doch unglückliche Umstände lassen Edith erfahren, daß er sie verleugnet hat - da stürzt sie sich vom Turm. Anton Hofmiller lebt von nun an in dem Bewußtsein, daß »keine Schuld vergessen ist, solange noch das Gewissen um sie weiß«.
Zusammenfassung
Der einzige Roman Stefan Zweigs handelt von »zweierlei Mitleid«: dem echten, »das entschlossen ist, geduldig und mitduldend alles durchzustehen«, und dem falschen, das nur »Ungeduld des Herzens« ist, »sich möglic
sucht von der peinlichen Ergriffenheit vor einem fremden Unglück«. In solche peinliche Ergriffenheit gerät im Sommer 1914
der in einer ungarischen Kleinstadt in Garnison liegende junge
Leutnant Hofmiller. Die leidenschaftliche Liebe, die ihm die gelähmte Edith entgegenbringt, erwidert er nur halben Herzens,
aber das Hochgefühl ihrer Zuneigung, die Bitten des Vaters und
das Zureden des Arztes Dr. Condor, der sich von Hofmillers Einfluß heilende Wirkung verspricht, bestimmen ihn am Ende, sich
mit dem Mädchen zu verloben. Er tut es aus Mitleid, das eigentlich »Ungeduld des Herzens« ist. In einem Anfall von Feigheit
läßt er sich hinreißen, seine Verlobung öffentlich abzuleugnen.
Den sittlichen Zusammenbruch, den dies für ihn bedeutet, will er
durch Selbstmord sühnen, doch das Eingreifen eines Vorgesetzten erwirkt statt dessen seine Versetzung. Zwar will er, durch
seelische Erschütterung geläutert, die Bindung an Edith erneuern, doch kommt ihm der Freitod der Freundin zuvor.
Leseprobe
»Wer da hat, dem wird gegeben «, dieses Wort aus dem
Buche der Weisheit darf jeder Schriftsteller getrost in dem Sinne
bekräftigen: » Wer viel erzählt hat, dem wird erzählt.
« Nichts Irrtümlicheres als die allzu umgängliche
Vorstellung, in dem Dichter arbeite ununterbrochen die Phantasie,
er erfinde aus einem unerschöpflichen Vorrat pausenlos Begebnisse
und Geschichten. In Wahrheit braucht er nur, statt zu erfinden,
sich von Gestalten und Geschehnissen finden zu lassen, die ihn,
sofern er sich die gesteigerte Fähigkeit des Schauens und
Lauschens bewahrt hat, unausgesetzt als ihren Wiedererzähler
suchen; wer oftmals Schicksale zu deuten versuchte, dem berichten
viele ihr Schicksal
Auch dieses Begebnis ist mir beinahe zur Gänze in der hier
wiedergegebenen Form anvertraut worden und zwar auf völlig
unvermutete Art. Das letzte Mal in Wien suchte ich abends, von
allerhand Besorgungen abgemüdet, ein vorstädtisches
Restaurant auf, von dem ich vermutete, es sei längst aus
der Mode geraten und wenig frequentiert. Doch kaum eingetreten,
wurde ich meines Irrtums ärgerlich gewahr. Gleich von dem
ersten Tisch stand mit allen Zeichen ehrlicher, von mir freilich
nicht ebenso stürmisch erwiderter Freude ein Bekannter auf
und lud mich ein, bei ihm Platz zu nehmen. Es wäre unwahrhaftig,
zu behaupten, daß jener beflissene Herr an sich ein unebener
oder unangenehmer Mensch gewesen wäre; er gehörte nur
zu jener Sorte zwanghaft geselliger Naturen, die in ebenso emsiger
Weise, wie Kinder Briefmarken, Bekanntschaften sammeln und deshalb
auf jedes Exemplar ihrer Kollektion in besonderer Weise stolz
sind.
Autoreninfo
Stefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien geboren, lebte von 1919 bis 1935 in Salzburg, emigrierte dann nach England und 1940 nach Brasilien. Sein episches Werk machte ihn ebenso berühmt wie seine historischen Miniaturen und die biographischen Arbeiten. Im Februar 1942 schied er in Petropolis, Brasilien freiwillig aus dem Leben.