Produktbeschreibung
Seltsame Dinge werden über den Wilden Wald erzählt: von Räubern und vergessenen
Städten, von Rittern mit roten Schildern, vor denen man auf der Hut sein
muß, von geheimnisvollen grünen Wesen... Tiuri, ein junger Ritter, macht
sich auf, diese Rätsel zu lösen. Freunde helfen ihm dabei, und doch ist
er oft ratlos und verwirrt und weiß nicht, ob er seinem eigenen Urteil
noch trauen kann.
Leseprobe
RITTER IDIAN
Reisepläne
Ritter Tiuri ritt auf seinem schwarzen Pferd Ardanwen über den
morastigen Pfad, der den Blauen Fluß entlang führte. Es war noch
gar nicht lange her, daß Eisschollen den Fluß bedeckten; nun
konnte das Wasser wieder frei strömen. Es stand hoch und war
reißend und wild, denn hoch oben in den Bergen schmolz nun der
Schnee. Tiuri hob den Kopf und atmete tief ein. Die Luft war kalt,
aber anders als während der vorangegangenen Tage. Die Felder
und der Wald zu seiner Rechten waren noch kahl, doch darüber
flogen Vögel, die es auch wußten: Der Winter war vorbei!
Nun würden wieder Reisende über die Straßen ziehen. Er selbst
würde gern auf Reisen gehen, weg von Tehuri, dem Landsitz seines
Vaters, wo er die letzten Monate gewohnt hatte.
Er blickte vor sich hin, nach Süden. Dort, viele Tagesreisen weiter,
lag um die Flußmündung herum ein sumpfiges Land, das Deltaland
genannt wurde. Weiter westlich lag Evillan, das Reich, in dem ein
böser Fürst regierte. Dorthin wollte er keineswegs. Am Grauen
Fluß aber, der die Grenze mit Evillan bildete, stand ein Schloß, an
das er oft gedacht hatte, obwohl er nie dort gewesen war - Ristridin,
das altväterliche Schloß des fahrenden Ritters gleichen Namens:
Ristridin vom Süden. Ritter Ristridin war im Herbst des vergangenen Jahres zum Wilden Wald aufgebrochen, sollte aber im Frühjahr
zu seinem Schloß zurückkehren. Dort würde er seine Freunde
wiedersehen, und er hatte auch Tiuri aufgefordert, zu kommen.
Tiuri brachte sein Pferd zum Stehen und sagte laut: »Ich gehe
natürlich hin. So schnell wie möglich. Morgen!«
Ardanwen bewegte seine feinen Ohren, als begreife er, was sein
junger Herr sagte. Tiuri tätschelte den Hals des Tieres. »Sehnst du
dich auch danach, wieder zu reisen, so wie früher?« sagte er
Autoreninfo
Tonke Dragt geb. 1930 in Batavia (dem heutigen Djakarta) in Indonesien.
Dort verbrachte sie den größten Teil ihrer Kinderzeit. Während des Zweiten
Weltkriegs wurde sie mit ihren Angehörigen in einem japanischen Gefangenenlager interniert; es war die Zeit zwischen ihrem zwölften und fünfzehnten
Lebensjahr. »Ständig eingeschlossen hinter Stacheldraht; Hunger und Elend,
wohin man nur sah - und das gerade in diesem Alter. Es war dieselbe Altersgruppe, für die ich nun schreibe. Uns war dort alles verwehrt, und so erfand ich
in meiner Fantasie Geschichten, die in einer weiten Ferne spielen - Geschichten
voller Abenteuer und ohne Stacheldraht.« Nach dem Krieg kam Tonke Dragt
nach Holland. Sie machte ihr Abitur, besuchte anschließend die Akademie für
Bildende Künste in Den Haag und war als Zeichenlehrerin an verschiedenen
Schulen tätig. Sie lebt als freie Schriftstellerin in Den Haag. Im Programm
Beltz & Gelberg sind bisher erschienen: Der Brief für den König, Der Wilde
Wald, Die Türme des Februar und Das Geheimnis des siebten Weges. Dieser
Roman wurde als 13teilige Fernsehserie verfilmt.