Produktbeschreibung
"Die Hauptthematik von "Der Richter und sein Henker"
findet man unter anderem bei Dashiell Hammett, Rex Stout, Raymond
Chandler und Georges Simenon. Grundthema: der Kampf zweier Parteien,
deren eine ein einzelner Detektiv ist. Die "gute" Partei,
Inspektor Bärlach, ist todkrank, und es bleibt ihm nicht
mehr viel Zeit, den Verbrecher Gastmann zu überführen.
Was für ein Mensch ist dieser Bärlach? In seiner
Menschlichkeit erinnert er an Maigret. Wie dieser ist er von altem
Schrot und Korn, ist in erster Linie ein konservativer Mensch,
der nicht nach juristischen Regeln operiert, der von den modernen
Techniken der Kriminologie wenig hält und lieber seiner durch
Erfahrung gewitzten Nase und dem gesunden Menschenverstand folgt."
Armin Arnold
Dürrenmatts berühmtester Kriminalroman (weltweite Gesamtauflage
über 5 Millionen) in neuer Ausgabe. Mit vielen Fotos aus
dem 1975 von Maximilian Schell gedrehten Film und einem umfangreichen
Anhang: den wichtigsten Kritiken und Interpretationen des Romans,
mit Daten und Dokumenten zu Autor und Werk.
Kritik
¯Der Dialog mit Friedrich Dürrenmatt ist nicht zu Ende - er beginnt erst, und wir werden Mühe haben, in Friedrich Dürrenmatts mächtigem Schatten, ihn zu bestehen.® Walter Jens
Leseprobe
Alphons Clenin, der Polizist von Twann, fand am Morgen des dritten
November neunzehnhundertachtundvierzig dort, wo die Straße
von Lamboing (eines der Tessenbergdörfer) aus dem Walde der
Twannbachschlucht hervortritt, einen blauen Mercedes, der am Straßenrande
stand. Es herrschte Nebel, wie oft in diesem Spätherbst,
und eigentlich war Clenin am Wagen schon vorbeigegangen, als er
doch wieder zurückkehrte. Es war ihm nämlich beim Vorbeischreiten
gewesen, nachdem er flüchtig durch die trüben Scheiben
des Wagens geblickt hatte, als sei der Fahrer auf das Steuer niedergesunken.
Er glaubte, daß der Mann betrunken sei, denn als ordentlicher
Mensch kam er auf das Nächstliegende. Er wollte daher dem
Fremden nicht amtlich, sondern menschlich begegnen. Er trat mit
der Absicht ans Automobil, den Schlafenden zu wecken, ihn nach
Twann zu fahren und im Hotel Bären bei schwarzem Kaffee und
einer Mehlsuppe nüchtern werden zu lassen; denn es war zwar
verboten, betrunken zu fahren, aber nicht verboten, betrunken
in einem Wagen, der am Straßenrande stand, zu schlafen.
Clenin öffnete die Wagentür und legte dem Fremden die
Hand väterlich auf die Schultern. Er bemerkte jedoch im gleichen
Augenblick, daß der Mann tot war. Die Schläfen waren
durchschossen. Auch sah Clenin jetzt, daß die rechte Wagentüre
offen stand. Im Wagen war nicht viel Blut, und der dunkelgraue
Mantel, den die Leiche trug, schien nicht einmal beschmutzt. Aus
der Manteltasche glänzte der Rand einer gelben Brieftasche.
Clenin, der sie hervorzog, konnte ohne Mühe feststellen,
daß es sich beim Toten um Ulrich Schmied handelte, Polizeileutnant
der Stadt Bern.
Clenin wußte nicht recht, was er tun sollte.
Autoreninfo
Am 5. Januar 1921 kam Friedrich Dürrenmatt in Konolfingen im Kanton Bern als Sohn eines Pfarrers zur Welt. Er studierte in Zürich und Bern Theologie, Literatur, Philosophie und Naturwissenschaften. Eigentlich wollte er Maler werden, schrieb aber schon in den 40er Jahren Erzählungen. 1947 löste sein Drama "Es steht geschrieben" einen Theaterskandal aus. Ab 1952 lebte Dürrenmatt in Neuchatel. Mit dem Drama "Der Besuch der alten Dame" (1956) hatte er einen Welterfolg. 1968 wurde er Theaterdirektor in Basel. In dieser Zeit schrieb er viele Neufassungen seiner älteren Werke. Friedrich Dürrenmatt starb am 14.12.1990 in Neuchatel.
Seine erzählerischen Werke sind oft Detektivgeschichten, und seine Dramen sind oft Tragikomödien, in denen es Elemente von Satire, Farce, und schwarzem Humor gibt. Ein zentrales Thema seiner Werke ist die Macht und die Frage der Verantwortung in einer scheinbar chaotischen Welt.
1986 wurde Friedrich Dürrenmatt mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet.