Produktbeschreibung
Zu dieser Komödie wurde Kleist durch einen Kupferstich nach einem Gemälde des Franzosen Debucourt angeregt. Er verlegt die Handlung jedoch in die Niederlande. Kleist wurde mit diesem Lustspiel Sieger in einem poetischen Wettkampf mit Ludwig Wieland, Heinrich Gessner und dem Schweizer Dichter Heinrich Zschokke. Ausführlich über diesen Wettkampf und über Leben und Werk des Dichters berichtet das umfangreiche Nachwort. Außerdem enthält das Heft eine Textvariante und sieben Seiten erklärende Anmerkungen.
Leseprobe
Szene: Die Gerichtsstube.
ERSTER AUFTRITT
Adam sitzt und verbindet sich ein Bein. Licht tritt auf.
Licht. Ei, was zum Henker, sagt, Gevatter Adam!
Was ist mit Euch geschehn? Wie seht Ihr aus?
Adam. Ja, seht. Zum Straucheln braucht's doch nichts, als
Füße.
Auf diesem glatten Boden, ist ein Strauch hier?
Gestrauchelt bin ich hier; denn jeder trägt
Den leid'gen Stein zum Anstoß in sich selbst.
Licht. Nein, sagt mir, Freund! Den Stein trüg' jeglicher-?
Adam. Ja, in sich selbst.
Licht. Verflucht das!
Adam. Was beliebt?
Licht. Ihr stammt von einem lockern Ältervater,
Der so beim Anbeginn der Dinge fiel,
Und wegen seines Falls berühmt geworden;
Ihr seid doch nicht-?
Adam. Nun?
Licht. Gleichfalls-?
Adam. Ob ich? - Ich glaube-!
Hier bin ich hingefallen, sag' ich Euch.
Licht. Unbildlich hingeschlagen?
Adam. Ja, unbildlich.
Es mag ein schlechtes Bild gewesen sein.
Licht. Wann trug sich die Begebenheit zu?
Adam. Jetzt, in dem Augenblick, da ich dem Bett'
Entsteig'. Ich hatte noch das Morgenlied
Im Mund', da stolpr' ich in den Morgen schon,
Und eh' ich noch den Lauf des Tags beginne,
Renkt unser Herrgott mir den Fuß schon aus.
Licht. Und wohl den linken obenein?
Adam. Den linken?
Licht. Hier, den gesetzten?
Adam. Freilich!
Licht. Allgerechter!
Der ohnhin schwer den Weg der Sünde wandelt?
Adam. Der Fuß! Was? Schwer! Warum?
Licht. Der Klumpfuß?
Adam. Klumpfuß!
Ein Fuß ist, wie der andere, ein Klumpen.
Licht. Erlaubt! Da tut Ihr Eurem rechten unrecht.
Autoreninfo
Heinrich von Kleist wurde am 18. Oktober 1777 in Frankfurt/Oder geboren. Er schlug zunächst die Offizierslaufbahn ein, begann später sein Studium der Rechtswissenschaften und unternahm Reisen durch Frankreich und die Schweiz. In Dresden gründete er 1808 die Zeitschrift "Phöbus", in der einige seiner Dramen und Erzählungen erschienen. Am 21. November 1811 nahm er sich am Wannsee bei Berlin das Leben.