Produktbeschreibung
Die tragische Heldin des Stückes ist, wie die ursprüngliche Titelfassung zeigt, Luise Millerin. Sie und ihr Vater stehen als Vertreter des Bürgertums der Feudalschicht gegenüber. Luise Millerin und Ferdinand von Walter, der Sohn des Präsidenten am Hofe, vermögen nicht, diese Schranken zu durchbrechen, obwohl sie einander lieben. Mit Hilfe vertauschter Briefe wird ihre Liebe erschüttert, die sie erst wiederfinden, als sie in ihrer Todesstunde den Betrug durchschauen können. Dadurch wird aus dem Tendenzdrarna eine echte Tragödie. Ausser der Entstehungsgeschichte enthält das Nachwort "einige Daten zur Geschichte der bürgerlichen Tragödie". Umfangreiche Anmerkungen helfen dem Leser.
Leseprobe
ERSTER AKT, ERSTE SZENE, Zimmer beim Musikus
Miller steht eben vom Sessel auf und stellt sein Violoncell
auf die Seite. An einem Tisch sitzt Frau Millerin noch im Nachtgewand
und trinkt ihren Kaffee.
MILLER (schnell auf und ab gehend). Einmal für allemal!
Der Handel wird ernsthaft. Meine Tochter kommt mit dem Baron ins
Geschrei. Mein Haus wird verrufen. Der Präsident bekommt
Wind, und - kurz und gut, ich biete dem Junker aus
FRAU. Du hast ihn nicht in dein Haus geschwatzt - hast ihm deine
Tochter nicht nachgeworfen.
MILLER. Hab' ihn nicht in mein Haus geschwatzt - hab' ihm's Mädel
nicht nachgeworfen; wer nimmt Notiz davon? - Ich war Herr im Haus.
Ich hätt' meine Tochter mehr coram nehmen sollen. Ich hätt'
dem Major besser auftrumpfen sollen - oder hätt' gleich alles
Seiner Exzellenz dem Herrn Papa stecken sollen. Der junge Baron
bringt's mit einem Wischer hinaus, das muß ich wissen, und
alles Wetter kommt über den Geiger.
FRAU (schlürft eine Tasse aus). Possen! Geschwätz!
Was kann über dich kommen? Wer kann dir was anhaben? Du gehst
deiner Profession nach und raffst Scholaren zusammen, wo sie zu
kriegen sind.
MILLER. Aber, sag mir doch, was wird bei dem ganzen Kommerz auch
herauskommen? - Nehmen kann er das Mädel nicht - Vom Nehmen
ist gar die Rede nicht, und zu einer daß Gott erbarm? -
Guten Morgen! - Gelt, wenn so ein Musje von sich da und dort,
und dort und hier schon herumbeholfen hat, wenn er, der Henker
weiß was als? gelöst hat, schmeckt's meinem guten Schlucker
freilich, einmal auf süß Wasser zu graben. Gib du acht!
gib du acht! und wenn du aus jedem Astloch ein Auge strecktest
und vor jedem Blutstropfen Schildwache ständest, er wird
sie, dir auf der Nase, beschwatzen, dem Mädel eins hinsetzen
und führt sich ab, und das Mädel ist verschimpfiert
auf ihr Leben lang, bleibt sitzen, oder hat's Handwerk verschmeckt,
treibt's fort. (Die Faust vor die Stirn.) Jesus Christus!
FRAU. Gott behüt' uns in Gnaden!
Autoreninfo
Friedrich von Schiller (1759-1805) lebte nach seiner Flucht aus Würtemberg seit 1782 in Sachsen, wo er zum Professor der Philosophie ernannt wurde. In seinen Werken befaßt er sich immer wieder mit dem Urkonflikt, von Trieb und Geist, von Neigung und Pflicht.