Produktbeschreibung
¯Ich bin ein Clown, im Augenblick besser als mein Ruf.®Hans Schnier, einst
ein gefragter Pantomime und Spaßmacher, sitzt, nachdem ihn seine Frau verlassen
hat, zum Bettler degradiert auf den Stufen des Bonner Bahnhofs. ¯Heinrich
Böll zeigt, was so selten gezeigt wird: den Alltag einer Liebe.® (Marcel
Reich-Ranicki).
Zusammenfassung
Hans Schnier, Sohn aus reichem Hause, will lieber ein ehrlicher
Clown als ein Heuchler sein. Sechs Jahre lang hat er mit Marie
in wilder Ehe gelebt. Marie verläßt ihn, weil er sich
nicht verpflichten will, die aus dieser Verbindung zu erwartenden
Kinder katholisch erziehen zu lassen. Schnier ist diesem Verlust
nicht gewachsen. Einst ein durchaus gefragter Pantomime und Spaßmacher,
sitzt er am Ende zum Bettler degradiert mitten im Karnevalstreiben
auf den Stufen des Bonner Bahnhofs, wo Marie, die inzwischen einen
einflußreichen »fortschrittlichen« Katholiken
geheiratet hat, von der Hochzeitsreise zurückkehren wird.
- Heinrich Bölls Roman hat 1963 heftige Diskussionen ausgelöst.
Das Mißverständnis vom angeblichen »Antikatholizismus«
des Autors trug nicht wenig zu dieser starken Resonanz bei. Doch
Heinrich Bölls Held, ein Außenseiter, leidet lediglich
mehr als andere unter den bornierten Phrasen, der Unbarmherzigkeit
und bequemen Moral unserer Wohlstandsgesellschaft.
Leseprobe
Es war schon dunkel, als ich in Bonn ankam, ich zwang mich, meine
Ankunft nicht mit der Automatik ablaufen zu lassen, die sich in
fünfjährigem Unterwegssein herausgebildet hat: Bahnsteigtreppe
runter, Bahnsteigtreppe rauf, Reisetasche abstellen, Fahrkarte
aus der Manteltasche nehmen, Reisetasche aufnehmen, Fahrkarte
abgeben, zum Zeitungsstand, Abendzeitungen kaufen, nach draußen
gehen und ein Taxi heranwinken. Fünf Jahre lang bin ich
fast jeden Tag irgendwo abgefahren und irgendwo angekommen, ich
ging morgens Bahnhofstreppen rauf und runter und nachmittags Bahnhofstreppen
runter und rauf, winkte Taxis heran, suchte in meinen Rocktaschen
nach Geld, den Fahrer zu bezahlen, kaufte Abendzeitungen an Kiosken
und genoß in einer Ecke meines Bewußtseins die exakt
einstudierte Lässigkeit dieser Automatik. Seitdem Marie
mich verlassen hat, um Züpfner, diesen Katholiken, zu heiraten,
ist der Ablauf noch mechanischer geworden, ohne an Lässigkeit
zu verlieren. Für die Entfernung vom Bahnhof zum Hotel,
vom Hotel zum Bahnhof gibt es ein Maß: den Taxameter. Zwei
Mark, drei Mark, vier Mark fünfzig vom Bahnhof entfernt.
Seitdem Marie weg ist, bin ich manchmal aus dem Rhythmus geraten,
habe Hotel und Bahnhof miteinander verwechselt, nervös an
der Portierloge nach meiner Fahrkarte gesucht oder den Beamten
an der Sperre ....
Autoreninfo
Heinrich Böll, am 21. Dezember 1917 in Köln geboren, war nach dem Abitur Lehrling im Buchhandel, danach Studium der Germanistik, von 1939-45 Soldat, dann Gefangenschaft; nach dem Krieg Student und Hilfsarbeiter in der Tischlerei des Bruders.
Seit 1947 veröffentlichte er Erzählungen, Romane, Hör- und Fernsehspiele, Theaterstücke als freier Schriftsteller in Köln. U. a. war er auch als Übersetzer aus dem Englischen tätig. Für sein Werk erhielt er 1967 den Büchner-Preis und 1972 den Nobel-Preis für Literatur, war Präsident des bundesdeutschen und des internationalen PEN-Clubs. Er starb am 16. Juli 1985 in Langenbroich.