Jana Cernß = Honza Krejcarovß war die Femme fatale der Untergrund-Szene in der kommunistischen Tschechoslowakei. In der gefährlichen Zeit des Stalinismus provozierte sie mit beinhart erotischen Gedichten. Später zeichneten sich ihre Werke durch einen feinfühlig analytischen Blick aus. Sie bewegte sich in der Gruppe um Egon Bondy und Ivo Vodsedßlek, die zuerst vom Surrealismus inspiriert war und später einen eigenen Stil, den Totalen Realismus, einführte, um den zur Staatskunst erhobenen Sozialistischen Realismus ad absurdum zu führen. Erstmals erscheint eine Auswahl von Jana Cernßs Werken auf Deutsch. Der von Martina Lisa übersetzte Band Totale Sehnsucht beginnt mit dem Liebesbrief an Egon Bondy, der in Tschechien als absolutes Meisterwerk der erotischen Liebesliteratur gilt. Es folgen Gedichte und die psychoanalytische, von der Liebesliteratur des 18. Jahrhunderts inspirierte Prosa Clarissa. Abgeschlossen wird der Band durch eine Reportage aus dem Frauengefängnis, in dem Jana Cernß ein Jahr ihres Lebens verbracht hat. Diese Reportage ist schon deshalb beeindruckend, weil die Autorin sich selbst ganz auszusparen scheint - sich aber in den anderen inhaftierten Frauen spiegelt. Mörderinnen kommen auf ebenso rührende Weise zu Wort wie zu Unrecht Verurteilte. Jana Cernß war ein Phänomen: Wegen ihres wilden Lebens war sie nicht unbedingt ein Vorbild, aber wie es scheint, haben sie alle Künstler des Untergrunds bewundert und geliebt.
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